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Phillips 66 und Marathon Petroleum kaufen in einem atemberaubenden Tempo eigene Aktien zurück. Die Gewinne sprudeln.
So funktioniert das Geschäft
Um die Öl- und Gasindustrie zu verstehen, muss man ihre Struktur und Arbeitsprozesse entlang der Wertschöpfungskette kennen. Nicht jeder Bereich ist in gleichem Maße vom Rohölpreis abhängig, es gibt sogar Profiteure sinkender Preise.
Der gesamte Markt ist in Upstream, Midstream sowie Downstream gegliedert.
Als Upstream wird die Exploration und Förderung von Rohöl und Gas bezeichnet. Dieser Sektor umfasst auch die damit verbundenen Dienstleistungen, von Machbarkeitsstudien bis hin zum Betrieb von Bohrinseln. Der Bereich ist direkt von den Rohstoffpreisen abhängig und reagiert daher besonders sensibel auf Preisschwankungen.
Der Bereich Midstream bildet hauptsächlich das Bindeglied zwischen Produktion und den Downstream-Aktivitäten ab dem Raffineriebetrieb. Dazu zählt vor allem der Transport von Rohöl und Gas per LkW, Schiff und Pipeline.
In vielen Fällen wird aber auch die Produktion kleiner Förderer aufgekauft und zusammengeführt. Dadurch sinken die nachgelagerten Kosten für die Produzenten und selbstverständlich verdienen auch die Midstreamer daran.
Zu den Downstream-Aktivitäten gehören die Prozesse von der Raffinerie bis hin zum Endkunden. Unternehmen in diesem Bereich stellen aus Rohöl verwertbare Produkte wie Benzin, Heizöl und erdölbasierte Produkte her. Darüber hinaus betreiben die großen Player in diesem Bereich auch eigene Tankstellen.
Für die Raffinerien ist der Ölpreis nachrangig
Die Engagements von Phillips 66 erstrecken sich vom Midstream bis hin zum Endkunden, wobei das Hauptgeschäft vor allem im Downstream besteht.
Das Unternehmen betreibt weltweit 11 Raffinerien mit einer täglichen Leistung von 1,9 Millionen Barrel Rohöl. Darüber hinaus gehören Phillips 66 gleich mehrere Tankstellen-Ketten, in Deutschland am bekanntesten dürfte wohl Jet sein.
Warum ist diese Differenzierung so wichtig? Weil der „Flaschenhals” der Branche aktuell und auf unabsehbare Zeit das Raffineriegeschäft bleiben wird.
Der Hauptgrund dafür ist, dass die Produktionskapazitäten in den USA in atemberaubendem Tempo gestiegen sind. Inzwischen produziert die USA fast doppelt so viel Öl wie Saudi-Arabien (The EIA reports that as of 2021, the U.S. produced 18.88 million barrels per day — or about 8 million per day more than no. 2 Saudi Arabia 10.84 million)
Gleichzeitig wurde in den USA zwischen 1998 und 2015 keine einzige neue Raffinerie gebaut (https://www.eia.gov/tools/faqs/faq.php?id=29&t=6). Daraus ergibt sich eine entsprechende Lücke bei den Raffineriekapazitäten und das lässt sich nicht so schnell ändern.
Denn der Genehmigungs- und Bauprozess von Raffinerien ist äußerst zeitaufwendig.
Die größten US-Raffineriekonzerne sind:
1. Marathon Petroleum mit einer Kapazität von 3,0 Mio. Barrel pro Tag
2. Valero mit einer Kapazität von 2,2 Mio. Barrel pro Tag
3. Phillips 66 mit einer Kapazität von 1,9 Mio. Barrel pro Tag
4. Exxon mit einer Kapazität von 1,7 Mio. Barrel pro Tag
5. Chevron mit einer Kapazität von 1,0 Mio. Barrel pro Tag
6. PBF Energy mit einer Kapazität von 1,0 Mio. Barrel pro Tag
Planbarkeit
Verstehen Sie mich nicht falsch. Selbstverständlich verdient der gesamte Ölsektor mehr, wenn die Preise hoch sind, aber das Raffineriegeschäft ist sehr viel stabiler als andere Teile der Branche.
Nehmen wir als Vergleichswert zum Beispiel Devon Energy. Der Öl- und Gasproduzent ist unmittelbar von den Schwankungen der Energiepreise betroffen, daher bricht der Gewinn in einem schlechten Jahr auch gerne mal komplett ein, kurz darauf verdient man wieder blendend.
Im Geschäftsjahr 2015 halbierte sich das Ergebnis kurzerhand von 4,91 auf 2,52 USD je Aktie, im Folgejahr war man sogar defizitär. Es folgten drei halbwegs ordentliche Jahre, in denen man zwischen 1,29 und 1,59 USD je Aktie verdiente. 2020 schrieb man wieder rote Zahlen, dafür sprang das Ergebnis 2021 auf 3,53 USD je Aktie.
Beständigkeit sieht anders aus. Bei Marathon oder Philips 66 sind die Schwankungen weitaus geringer und es kommt auch seltener vor, dass man in die roten Zahlen rutscht.
Marathon Petroleum hat in den zehn Jahren bis einschließlich 2019 in der Regel einen Gewinn von 4-5 USD je Aktie erzielt.
Diese erhöhte Planbarkeit, führt dazu, dass die beiden Unternehmen zuverlässige Dividendenzahler sind und teilweise auch in erheblichem Umfang eigene Aktien zurückkaufen.
Das spült Geld in die Kassen
Philips 66 hat die Zahl der ausstehenden Aktien in den letzten zehn Jahren von 629 auf 461 Millionen Stück massiv reduziert und gleichzeitig die Dividende von 0,45 auf 3,77 USD je Aktie erhöht.
Am Dienstag hat man Quartalszahlen vorgelegt. Die Gewinnerwartungen wurden zwar leicht verfehlt, doch das ändert wenig daran, dass man in nur drei Monaten 1,9 Mrd. USD (3,97 USD je Aktie) verdient hat.
Der Jahresgewinn lag somit bei 11,0 Mrd. USD, was 23,27 USD je Aktie entspricht. Selbstverständlich werden derartige Gewinne kaum wiederholbar sein, damit rechnet aber auch niemand.
Der Gewinn wird sinken, das Geld von 2022 ist dennoch auf der Bank. Einen Teil hat man bereits für die Dividende verwendet, obendrein hat man die Ausschüttung auf 3,88 USD je Aktie erhöht.
Die Dividendenrendite liegt somit bei 3,87%.
Ferner hat man weitere Buybacks mit einem Volumen von 5,0 Mrd. USD beschlossen. Damit ließe sich aktuell mehr als jede Zehnte Aktie einziehen.
Marathon drückt aufs Gas
Bei Marathon sieht die Sache ähnlich aus. Das Unternehmen hat die Erwartungen allerdings übertroffen und im vierten Quartal 6,65 USD je Aktie verdient, was 3,1 Mrd. USD entspricht.
Der Jahresgewinn lag somit bei 14,52 Mrd. USD, was 28,12 USD je Aktie entspricht. Auch in diesem Fall sollte vollkommen klar sein, dass man nicht dauerhaft derartige Gewinne einfahren kann.
Man kann die bisherigen Einnahmen aber natürlich nutzen und das hat Marathon getan und wird es weiterhin tun.
Durch die sprudelnden Gewinne sowie den Verkauf von Speedway konnte man im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr Buybacks mit einem Volumen von sagenhaften 11,9 Mrd. USD durchführen.
Zur Einordnung: Aktuell kommt Marathon Petroleum auf einen Börsenwert von 61,37 Mrd. USD.
Ausblick und Bewertung
Dadurch implodierte die Zahl der ausstehenden Aktien von 609 auf 468 Millionen Stück. Seit Mai 2021 hat man rund 30% aller Aktien eingezogen.
Die nächsten Buybacks mit einem Volumen von 5,0 Mrd. USD wurden am Dienstag beschlossen, aktuell entspricht das in etwa 8% des Börsenwerts.
Die einmaligen Gewinne der jüngeren Vergangenheit werden daher zu einem dauerhaft steigenden Ergebnis je Aktie führen.
Das gilt für Philips 66 und in noch größerem Maße für Marathon Petroleum.
Darf man den Prognosen Glauben schenken, dürfte das Ergebnis von Marathon im nun angebrochenen und kommenden Geschäftsjahr jeweils bei 12-17 USD je Aktie liegen.
Im Fall von Philips 66 sind es 13,40 – 14,40 USD je Aktie.
Trotz der Rallye sind die Bewertungen also nicht sonderlich hoch und sinkende Kurse würden nur dazu führen, dass noch mehr Aktien eingezogen würden.

Langjährige Leser werden wissen, dass ich mich nicht sehr oft positiv zu Rohstoff-Aktien äußere, daher freut es mich umso mehr, dass wir Marathon Petroleum frühzeitig entdeckt und immer wieder auf die Situation hingewiesen haben:
03.12.2019:
Marathon Petroleum: Die eine Perle im Rohstoffsektor?
Es ist kompliziert. Dafür ist die Konstellation aber auch sehr aussichtsreich. Versteckt sich hinter Marathon Petroleum eine Perle?
20.02.2020:
Marathon Petroleum: Das ändert alles
Gerüchten zufolge könnte 7Eleven für 22 Mrd. USD die Marathon-Tochter Speedway übernehmen. Das wäre ein echter Gamechanger. Geht die Aktie jetzt durch die Decke?
03.08.2020:
Marathon: Verkauf bringt 21 Milliarden
Marathon verkauft die Tochter Speedway für 21 Milliarden Dollar, ist selbst an der Börse aber nur 25 Wert. Was ist da los? Sollte man dabei sein oder ist der Rest einfach nichts mehr wert?
18.05.2021:
Mega-Buyback bei Marathon Petroleum: Wird jetzt die nächste Rallyestufe gezündet? Marathon Petroleum beschließt den Rückkauf jeder vierten Aktie. Löst das die nächste Rallye aus?
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