Im Frühjahr ließen sich viele durch die angebliche Gewissheit beruhigen, dass das Theater um die US-Zölle in der zweiten Jahreshälfte keine Rolle mehr spielen werde. Wir sehen: Doch, das tut es. Und dass damit viele nicht rechneten, bedeutet für den Dow Jones erhöhtes Risiko.
Irgendwie hatten sich viele wohl einfach daran gewöhnt, dass die US-Regierung zwar den Rest der Welt in Sachen Zölle „erledigt“ hat, mit China aber weiterverhandelt. Das nahm man kaum noch wahr, nicht zuletzt, weil man seitens der US-Unterhändler dauernd zu hören bekam, wie produktiv und zielführend die Gespräche laufen. Dass es verdächtig viele Gespräche gab, ohne dass es bislang irgendeine fixe Vereinbarung gäbe, hätte zu denken geben können. Aber solange der Aktienmarkt haussierte, konnte man sich sagen: Es wird schon passen, sonst würden der Dow Jones und die anderen Indizes schließlich nicht steigen. Dass sie auch deswegen stiegen, weil fast alle so dachten, fällt in solchen Situationen nur den wenigsten auf. Jetzt aber steht die Frage im Raum, ob man in Bezug auf die Kurse des US-Index-Flaggschiffs „stiegen“ oder doch noch „steigen“ schreiben müsste.
Das Risiko, dass ab jetzt die Vergangenheitsform bei der Beschreibung der Hausse benutzt werden muss, ist zumindest nicht gerade winzig. Denn jetzt haben wir statt einem „Alles läuft rund“ und dem geplanten Treffen von Donald Trump und Xi Jinping mit der allgemeinen Erwartung, dass die beiden sich zusammenraufen werden, das Gegenteil: Eskalation und eisiges Klima. Grund:
China hielt bislang konsequent dagegen. Wo andere Länder aus Sorge vor der übermächtigen Wirtschaftsmacht USA einknickten, die unter der jetzigen Regierung auch kein Problem damit hat, alle Hebel dieser Macht einzusetzen, agiert China nach dem Motto „Auge um Auge“ und hält das bislang durch. Ein Widerstand, der einen Donald Trump zur Weißglut bringen dürfte … und tut, wie man am Freitagnachmittag kurz vor 17 Uhr unserer Zeit auf seiner eigenen Media-Plattform lesen konnte.
Man sei bereits dabei, drastisch höhere Zölle für China-Importe zu berechnen, hieß es da, zudem scheine es für ein persönliches Treffen mit Chinas Präsident Xi jetzt keinen Grund mehr zu geben. Und auf einmal wurden die Anleger daran erinnert, dass dieses Zoll-Drama eben nicht vorbei ist, mit China der wichtigste Importeur in den Infight geht und die US-Regierung dabei ist, den Graben, der vor einer Einigung liegt, noch einmal tiefer zu graben. Die Reaktion:
Expertenmeinung: Fallende Kurse. Am härtesten traf es den Nasdaq 100. Der hatte aber seit Jahresanfang auch weit mehr zugelegt als der Dow Jones und dadurch auch charttechnisch noch mehr „Speck auf den Rippen“. Da kann es, wenn es weiter abwärts geht, kritisch werden. Beim Dow Jones ist das schon jetzt der Fall.
Die 20-Tage-Linie ist für kurzfristige Trends eine wichtige Leitlinie. Den Dow Jones führte sie seit Mitte August zuverlässig höher, immer wieder wurde diese Linie getestet und hielt. Am Freitag ging der Index dort durch wie ein heißes Messer durch die Butter.

Zwar ist die mittelfristig entscheidende Zone noch nicht erreicht, das wäre der Bereich der Hochs vom Dezember 2024 sowie vom Januar und Juli 2025 im Bereich 45.000/45.100 Punkte. Aber vom gerade erst am 3. Oktober erreichten Verlaufshoch bei 47.050 bis hinunter an die 45.000 hat der Index binnen weniger Tage schon drei Viertel der Distanz zurückgelegt. Diese Zone ist nahe … und sie ist immens wichtig, auch aus psychologischer Sicht. Da wieder darunter zu fallen, wo man so lange vergebens angerannt und dann endlich durchgekommen ist, wäre ein äußerst ernüchterndes Signal.

Und es ist bereits in Schlagdistanz. Denn am Freitagabend, ca. 50 Minuten nach dem offiziellen US-Handelsende, verkündete Donald Trump, dass man plane, als Reaktion auf das feindselige Verhalten Chinas ab dem 1. November 100 Prozent Zoll auf die bestehenden Zölle obendrauf zu schlagen. Und zudem strenge Exportkontrollen für „kritische Software“ nach China durchzuführen. Da der nachbörsliche Handel da noch zehn Minuten lief, reagierte der Dow Jones über den Future und rutschte über die im regulären Handel verlorenen 879 Punkte weiter ab.
Jetzt muss sich zeigen, ob die Marktteilnehmer heute darauf wetten, dass die verbleibende Zeit bis zu diesem 1. November Gespräche und Deeskalation bringen wird oder das Gegenteil passiert. Aber egal, wie man das dann auslegt: Jetzt sollte man lieber zweimal nachdenken und im Zweifel eher wegbleiben, bevor man etwas tut!
Informationen zum / zu den auf dieser Seite genannten Produkt(en) finden Sie hier:
PRIIPs / KIDs Eurex
PRIIPs / KIDs CME Futures
Investoren, Anleger und Trader genießen mit einem Depot über LYNX den direkten Zugang zu nationalen und internationalen Börsenplätzen in Deutschland, Europa, den USA und Asien. Handeln Sie an 150 Märkten, in 33 Ländern und 24 Währungen. Jetzt informieren: Alle Märkte
--- ---
--- (---%)Displaying the --- chart
Heutigen Chart anzeigen