Russell 2000: Kommt mit der nächsten Zollrunde auch die Panik?

von Ronald Gehrt
02.04.2025 | 08:14 Uhr

Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.

Den US Small Cap-Index Russell 2000 hat es in den vergangenen Monaten noch deutlich härter getroffen als die Blue Chip-Indizes. Von seinem Hoch im November ist der Nebenwerte-Index in der Spitze bereits 20 Prozent gefallen. Kommt es jetzt womöglich noch dicker?

Der Gedanke, dass hohe Zölle Importe vom US-Markt fernhalten, dadurch in großem Umfang mehr US-Produkte gekauft werden, dies Arbeitsplätze und Wohlstand schafft und zugleich die Zolleinnahmen den löchrigen Staatssäckel füllen, klingt im ersten Moment logisch. Aber nicht, wenn man weiterdenkt. Und die Charts des US-Nebenwerteindex Russell 2000 zeigen auf Tages- und Wochenbasis gleichermaßen, dass die Trader hier genau das getan haben:

Russell 2000: Tages-Chart vom 01.04.2025, Kurs 2.012,24 Punkte, Kürzel: RUT | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Russell 2000: Tageschart vom 01.04.2025, Kurs 2.012,24 Punkte, Kürzel: RUT | Quelle: TWS
Russell 2000: Monats-Chart vom 01.04.2025, Kurs 2.012,24 Punkte, Kürzel: RUT | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Russell 2000: Wochenchart vom 01.04.2025, Kurs 2.012,24 Punkte, Kürzel: RUT | Quelle: TWS

Sie haben weiter gedacht und die Fallstricke erkannt, die die US-Regierung bislang offenbar entweder nicht sieht oder ignoriert. Denn nicht nur diejenigen, die Produkte herstellen, die in die USA exportiert werden sollen, bekommen dadurch ein Problem, sondern auch diejenigen, die sie als US-Unternehmen importieren. Und da geht es nicht nur um Konsumgüter, deren Verteuerung gerade die US-Einzelhandelsketten in gelinde Panik versetzt. Es geht auch um Zulieferprodukte für die Produktion, sei es bei Bekleidung, Autos, Maschinen, Elektrogeräten und vielem mehr. In sehr vielem, auf dem „Made in USA“ steht, sind Teile verbaut, die von überallher außerhalb der USA kommen.

Warum trifft das den Russell 2000 aktuell härter als die größeren US-Indizes wie Dow Jones, S&P 500 oder Nasdaq 100?

Expertenmeinung: Weil vor allem kleinere Unternehmen dadurch erhebliche Probleme bekommen werden. Sie haben weniger Möglichkeiten, ihre eigene Produktion anzupassen als große Konzerne, tun sich schwerer mit der Suche nach alternativen Zulieferern und können teurere Herstellungskosten deutlich schlechter abfedern. Und sie müssen zu Recht fürchten, dass größere Konzerne in ihrer jeweiligen Branche solche Situationen ausnutzen und auf dem Rücken der kleineren Mitbewerber wachsen, so wie es in kritischen Phasen fast immer war.

Und dass die US-Wirtschaft bereits in einer kritischen Phase ist, lässt sich am GDPNow-Tracker der regionalen US-Notenbank in Atlanta ablesen. Dieser Indikator „rechnet mit“, versucht durch die Auswertung der wichtigsten einlaufenden Konjunktur- und Stimmungsdaten das aktuelle Wachstum der US-Wirtschaft abzubilden. Und nachdem dieser Indikator im Februar erstmals seit Jahren ins Negative abrutschte, erreichte er am Dienstag mit -3,7 Prozent einen Negativrekord im Rahmen dieses aktuellen Abstiegs. Die Angst geht um unter den Anlegern der kleineren Unternehmen, die im Russell 2000 versammelt sind. Die Frage ist jetzt: Wird aus Angst Panik, wenn Donald Trump, vermutlich heute Abend, die nächste Zollrunde lostritt?

Wenn es darum geht vorherzusagen, wie eine große Zahl an Menschen mehrheitlich emotional reagiert, versagen alle Messlatten. Es bleibt, sich die Reaktion anzusehen und charttechnisch einzuordnen. Was im Fall des Russell 2000 insofern gut machbar ist, als er jetzt auf eine mittelfristig sehr wichtige Auffangzone aufgesetzt hat.

Sie sehen in den Charts, dass er in den 2022/2023 relevanten Supportbereich 2.007/2.030 Punkte gerutscht ist. Diese Zone muss der Nagelprobe in Form der nächsten Zollwelle standhalten. Wenn nicht, wäre es keine allzu große Überraschung, dass auch bei bislang unbeeindruckten Anlegern ein Damm bricht und der Index die nächste, mittelfristig bedeutsame Zone 1.634/1.715 Punkte ansteuert.

Um aus der Gefahrenzone herauszukommen, was möglich wäre, wenn man die Verschärfung der Lage als vorerst eingepreist und den bisherigen Abstieg als überzogen ansehen würde, müsste der Russell 2000 die 200-Tage-Linie und den November-Abwärtstrend zurückerobern. Dazu muss er über 2.220 Punkten schließen – ein Szenario, das möglich, aber nicht wahrscheinlich genug ist, um in dieser aktuellen Konstellation darauf setzen zu wollen.

Sofern nicht anders angegeben, beabsichtigen wir nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

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Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

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