Derzeit wird viel darüber diskutiert, ob wir uns am Aktienmarkt in Blasen befinden. Zum einen in einer KI-Blase, zum anderen in einer Rüstungs-Blase. Dabei werden – zu Recht – die Risiken hervorgehoben, mit denen man sich konfrontiert sieht, wenn eine solche Blase platzt. Was mir bei dieser Diskussion fehlt, sind zwei Dinge: Zum einen die Chancen, die Blasen mit sich bringen. Und zum anderen eine klare Definition, worum es da eigentlich wirklich geht.
Man kann es sich in Bezug auf die Erklärung einer Blase natürlich einfach machen: Eine Blase ist eine Börsenphase, in welcher der Gesamtmarkt, einzelne Branchen oder Einzelaktien ungewöhnlich schnell und weit steigen, dabei komplett überziehen und deswegen dann irgendwann genauso schnell und weit wieder fallen. Punkt.
Aber das ist nur das, was man sieht, wenn man Blasen und ihr Platzen in der Vergangenheit betrachtet. Das erklärt weder, warum sie entstehen, noch, warum sie dann platzen. Und nur wenn man sich damit auseinandersetzt, versteht man, was da passiert … und wie man damit umgehen könnte.
Eine Börsen-Blase zeigt sich in den Kursen. Aber sie entsteht woanders: in den Köpfen
In der Börsengeschichte finden sich zahlreiche Blasen und, wie der folgende Chart zeigt, keineswegs nur am Aktienmarkt. Wir reden hier zwar nicht über ein Phänomen, das sich mehrmals jedes Jahr irgendwo zeigt. Aber es taucht mit verblüffender Stetigkeit auf, obwohl jeder Anleger, sofern er sich ein wenig umtun würde, sehen könnte: So etwas geht am Ende schief. Wieso passiert es also immer und immer wieder?
Weil sich a) immer weniger Anleger wirklich um Fachwissen scheren und sich schon mal gar nicht mit der Börsengeschichte befassen, weil sie glauben, es geht doch auch prima ohne. Was so lange stimmt, bis die Achterbahn in die andere Richtung fährt. Und weil hier b) nicht der Verstand den Taktstock führt, sondern die Emotionen. Und Emotionen sind äußerst beratungsresistent, wie die Erfahrung lehrt.

Ob wir uns aktuell die Entwicklung von KI- oder Rüstungsaktien ansehen oder zurückgehen bis zur „South Sea Bubble“ in England Anfang des 18. Jahrhunderts: Nie gab es zwingende, rationale Gründe für die extremen Spekulationswellen. Es war immer die Kombination aus Gier und Ahnungslosigkeit, die dazu führte. Man kennt sich zwar mit der Materie nicht aus (und, wenn es schlimm kommt, nicht mal mit der Börse), sieht aber, dass da immer mehr immer schneller immer größeres Geld einstreichen, und will mit von der Partie sein. Es ist die Sogwirkung des schnellen Geldes, die eine Blase entstehen lässt, sonst nichts. Was auch bedeutet:
Eine Spekulationsblase erfassen Sie nicht mit Fakten
Mit rationalen Ansätzen wie der Bewertung einzelner Aktien oder eines Index, mit einem genauen Blick hinter die Kulissen von Bilanzen oder intensivem Nachdenken über die Perspektive einzelner, durchgehender Hausse-Pferde kommen Sie in den Phasen einer Blase (Entstehung und Platzen gleichermaßen) nicht weit. Einfach, weil diejenigen, die in der Herde der Gierigen mitlaufen, es auch nicht tun. Sie kaufen, solange es nach oben geht, und pflegen, in den Phasen, in denen der „Big Bang“ nahe ist, nicht einmal mehr Rücksetzer als Risiko, sondern nur noch als Zukaufchance anzusehen. Das ist zwar ein dramatisch gefährliches Szenario. Aber nur für diejenigen, die sich dessen nicht bewusst sind.
Wer sich jedoch darüber im Klaren ist, dass wir es in Phasen einer Spekulationsblase mit emotionsgetriebenen, starken Schüben in beide Richtungen zu tun haben und nicht mit einer sinnvollen, auf realistischen Daten und Erwartungen basierenden Reflexion der tatsächlichen Lage, kann das Tempo einer solchen Blase durchaus nutzen, ohne dabei nicht eingrenzbaren Risiken ausgesetzt zu sein … sofern man vier Dinge beachtet:
Drei Dinge braucht der Trader, wenn es um Blasen geht
Erstens: Man sollte nur mit einem Kapitaleinsatz antreten, der nicht das Gesamtdepot oder gar die eigenen Ersparnisse insgesamt gefährdet.
Zweitens: Es gilt, konsequentes Risikomanagement zu betreiben, indem man immer mal wieder in zu heiße Phasen hinein Gewinne mitnimmt, Stop Loss-Absicherungen nutzt und bei scharfen Rücksetzern nicht blind ins fallende Messer greift, sondern wartet, bis die Kurse erneut stabil in die Trendrichtung laufen.
Drittens: Man sollte sich von jeglichen „Marktmeinungen“, umgehenden Gerüchten, wüsten Kurszielen etc. fernhalten und nur den Kursen selbst folgen, um zu verhindern, doch von Gier in der Haussephase und Angst bis zu Panik nach dem Platzen der Blase beeinflusst zu werden.
Viertens: Man sollte die Kunst des „Wegbleibens“ beherrschen und im Zweifel das Geld vom Tisch nehmen, wenn man trotz aller Besonnenheit und Vorsicht den Eindruck bekommt, dass man die Kursbewegungen nicht mehr beherrschen kann.

Wer den Kopf frei hat und eine solche Phase nicht zu einer persönlichen Sache macht, sondern im Gegenteil versteht, dass irrationale Aktionen anderer die Kurse zwar beschleunigen, grundsätzlich aber alles ist wie immer … nur eben mit mehr Tempo und Reichweite … muss sich auch vor dem Tag X nicht fürchten, an dem die Blase platzt. Weil dann die Phase beginnt, in der man eben emotionslos und in aller Ruhe auf die Short-Seite wechselt, ansonsten aber alles genauso macht wie zuvor auf der Long-Seite.
Börse aktuell: Die Symptome einer Blase haben wir … aber das alleine sagt nichts aus
Wer den Kopf frei hat, muss und sollte sich auch keine Gedanken darüber machen, ob die Entwicklung im Bereich KI und Rüstung … oder womöglich auch bei den Edelmetallen … bereits wirklich eine Blase ist.
Wenn ich Aussagen lese, dass es sich hier zwar vielleicht um ein „Bläschen“ handeln könnte, das in diesem Fall aber noch meilenweit davor stünde, gefährlich zu werden oder gar zu platzen, denke ich an „Opium fürs Volk“. Entweder sollen solche Sprüche die Zocker gezielt weiter antreiben oder diejenigen, die sie vom Stapel lassen, haben die Börse nicht verstanden. Denn etwas, das in den Köpfen geboren und durch Emotionen angetrieben wird, kennt keinen vorhersehbaren Gipfel. Also kann auch niemand seriös abschätzen, wie nahe eine Blase schon an ihr Hoch herangelaufen ist.
Selbst Warnsignale in Form zunehmender Volatilität, plötzlicher, nicht auf neuen Fakten basierender Abverkäufe und wilder Gegenbewegungen nach oben sagen nichts darüber aus, wann genau und auf welchem Niveau eine Blase platzen wird. Was wir gerade bei einigen KI-Aktien oder auch einigen Rüstungstiteln sehen, sind Warnsignale, keine Frage. Aber wenn man zurückgeht ins Frühjahr 2000, als die Internet- oder „Dot.Com“-Blase platzte, siehe den folgenden Chart, sehen wir:

Dass man bei Blasen nichts vorhersehen kann, ist nicht schlimm … solange man es weiß!
Damals war absolut nicht zu erkennen, dass der Abverkauf Ende März 2000 derjenige war, auf den kein neues Hoch mehr folgen würde. Teuer bzw. zu teuer bewertet waren die damaligen Zugpferde der Hausse schon Monate zuvor, das bremste die Käufer nicht. Irrational, weil durch Phantasien befeuert, die jegliches „ja, aber“ einfach ausblendeten, war die damalige Hausse ebenso.
Extreme Bewertungslevels, die gewaltige Gewinne in der Zukunft vorwegnehmen, ohne zu wissen, welche Unternehmen wie viel von dem, was gerade an Geld in die KI investiert wird, wiedersehen bzw. wer am Ende wirklich daran verdient, sind also nur ein Signal dafür, dass wir uns in einer Spekulationsblase befinden. Aber sie geben nicht den Hauch eines Hinweises, wann sie platzt. Daher ist der meiner Ansicht nach beste Weg, damit umzugehen, entweder, sich von solchen Bereichen bewusst fernzuhalten, oder diese Welle zwar mit zu surfen, das aber ohne Gier und Angst, sondern dafür mit der emotionslosen Konsequenz, die gute Trader auszeichnet!
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!
Ihr
Ronald Gehrt
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