Das Börsenjahr geht zu Ende und die Karten werden neu gemischt. Denn die Börsengeschichte zeigt: Die Verlierer von heute sind oft die Stars von morgen.
Auf dem Siegertreppchen
Das Jahr neigt sich langsam zu Ende. Die großen Gewinner und auch die Verlierer stehen fest.
Die Top 5 im S&P 500 besteht in diesem Jahr nahezu vollständig aus Hardware-Herstellern. Mit Kursgewinnen zwischen 216 % und 560 % belegen Sandisk, Western Digital, Seagate, Robinhood und Micron die Spitzenplätze.
Wer hier dabei war, kann sich freuen. Zu Seagate und Micron hatte ich mich im Jahresverlauf beispielsweise mehrfach positiv geäußert.
Am anderen Ende der Spanne befinden sich Trade Desk, Fiserv, Deckers Outdoor, Alexandria Real Estate und Gartner. Die Kursverluste liegen zwischen 48 und 68 %.
Das Erstaunliche daran ist, dass einige dieser Aktien zuvor Dauerläufer waren.
Wie in jedem Jahr drängt sich die Frage auf, welche Aktien das Potenzial für einen Turnaround bieten. Denn die Erfahrung zeigt: Es kommt immer wieder vor, dass die Verlierer aus dem einen Jahr, im darauffolgenden stark steigen. Beispiele dafür gibt es einige.
Micron ist im Jahresverlauf 2024 beispielsweise deutlich abgestürzt und notierte noch vor wenigen Monaten bei rund 61 USD – heute liegt der Kurs bei rund 265 USD.
Doch es ist Vorsicht geboten: Die meisten Aktien sind mit gutem Grund abgestürzt. Ein erfolgreicher Turnaround erfordert daher ein gesundes Kerngeschäft, das lediglich durch temporäre Faktoren oder konjunkturellen Gegenwind belastet wurde.
Die 3-Punkte-Checkliste für den Turnaround
Bevor man in eine abgestürzte Aktie investiert, sollte man sich drei Fragen stellen:
- Ist die Aktie abgestürzt, weil es allgemeine Konjunkturprobleme gibt oder die Branche in Ungnade gefallen ist? Oder gibt es strukturelle Probleme?
- Gibt es einen Grund, warum 2026 besser werden könnte? Zum Beispiel durch Kostensenkungsprogramme, eine sich aufhellende Konjunktur, sinkende Leitzinsen, ein neues Management etc.
- Ist das Unternehmen solide aufgestellt, oder könnte es in Schieflage geraten?
Ein Unternehmen sollte all diese Punkte erfüllen. Im Idealfall läuft das Geschäft sogar gut und die Aktie ist aus anderen Gründen abgestürzt. In diese Kategorie fallen derzeit erstaunlich viele Aktien.
Ebenso wie einige vermeintliche oder echte KI-Gewinner quasi durch die Decke gegangen sind, sind auch viele vermeintliche KI-Verlierer abgestürzt.
Börsenverlierer mit Potenzial
Ein besonders extremes Beispiel ist aus meiner Sicht Wix. Die Aktie hat mehr als die Hälfte an Wert verloren, obwohl das Unternehmen durchweg abgeliefert hat.
An der Börse fürchtet man sich davor, dass das Geschäft mit Website-Baukästen durch KI verdrängt wird. Diese These ist nicht einfach von der Hand zu weisen. Dabei wird aber scheinbar übersehen, dass Wix sein Geld nicht mit den Website-Baukästen selbst verdient, sondern mit den dazugehörigen Services wie Hosting, Marketing-Paketen, Zahlungsabwicklung usw.
Wenn Unternehmen und Privatkunden ihre Webseiten zukünftig mit einer KI erstellen, statt mit einem Baukasten, benötigen sie all diese Services trotzdem noch.
Obendrein könnten sie die KI von Wix nutzen, denn selbstverständlich ist das Unternehmen in diesem Bereich nicht untätig – ganz im Gegenteil. Mit Base44 gehört Wix zu den stärkeren Unternehmen in diesem Bereich und scheint Marktanteile zu gewinnen.
Dabei handelt es sich um eine KI-gestützte Plattform, die auf Basis von einfachen Textbefehlen voll funktionsfähige individuelle Apps erstellen kann – vollkommen ohne zu programmieren.
Wenn sich das Narrativ ändert …
Daher könnte man Wix ebenso gut als KI-Gewinner einstufen. Ändert sich das Narrativ an der Börse, dürfte sich auch die Bewertung drastisch verändern.
Jüngsten Presseberichten zufolge hat sich OpenAI gerade frisches Kapital gesichert. In der Finanzierungsrunde wurde das Unternehmen scheinbar in hoher dreistelliger Milliardenhöhe bewertet, obwohl OpenAI bisher noch kein etabliertes Geschäftsmodell hat.
Wix hingegen ist hochprofitabel und Base44 wächst mit enormem Tempo. Man kann und darf sich die Frage stellen, welchen Börsenwert Base44 derzeit eigenständig erzielen würde.
Ende des Jahres dürfte der annualisierte Umsatz bei 40 – 50 Mio. USD liegen.
Inzwischen hat Base44 mehr als 2 Millionen Nutzer und gewinnt jeden Tag mehr als 1.000 neue zahlende Kunden.
Die Wachstumsdynamik nimmt zu und hat die Erwartungen weit übertroffen. Es würde mich nicht wundern, wenn der Umsatz von Base44 im kommenden Jahr auf 100 – 200 Mio. USD steigen wird.
Bodenbildung oder nächster Rückschlag?
All das wird von einem ebenfalls wachsenden Kerngeschäft unterfüttert. Im Zuge der Quartalszahlen wurde die Prognose für den Umsatz im laufenden Geschäftsjahr von 1,97 – 2,00 auf 1,98 – 2,00 Mrd. USD und für den freien Cashflow von 590 – 610 auf 595 – 610 Mio. USD erhöht.
Wix kommt demnach auf einen P/FCF von etwas weniger als 10.
Wenige Tage nach den Quartalszahlen wurden daher weitere Aktienrückkäufe beschlossen und das Budget dafür um 200 Mio. auf 500 Mio. USD erhöht, was mehr als 8 % des Börsenwerts entspricht.
Es gibt also gleich mehrere Möglichkeiten, die steigende Kurse bewirken könnten. Einerseits hat Wix ein profitables Kerngeschäft, was Aktienrückkäufe im großen Stil ermöglicht und niedrig bewertet ist. Hinzu kommt das Wachstum im Kerngeschäft und bei Base44 und die Möglichkeit, dass der Markt den Wert von Base44 in Zukunft stärker würdigen könnte.

Die Aktie versucht sich derzeit nahe der Unterstützungszone bei 92 – 100 USD an einer Bodenbildung. Ausgehend von dieser Basis könnte es jetzt zu einer Erholung in Richtung 115 oder 118 USD kommen.
Über 120 USD würde sich das Chartbild aufhellen.
Fällt die Aktie jedoch unter 92 USD, haben die Bullen ihre Chance vorerst vertan.
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