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Zscaler hat die Erwartungen übertroffen und die Prognose erhöht. Die Aktie stürzt als Reaktion darauf um 12% in die Tiefe. Wie passt das zusammen?
Vertraue nichts und niemandem
Zscaler bietet cloudbasierte Cybersicherheitslösungen an, das Unternehmen arbeitet jedoch mit einer radikalen Abkehr von bisherigen Ansätzen, nämlich „Zero Trust“.
Der Unternehmensgründer fasst den Ansatz ganz simpel zusammen: „Vertraue nichts und niemandem“.
Die Plattform ermöglicht direkte und sichere Verbindungen gemäß dem Prinzip der minimalen Rechtevergabe. Das bedeutet, dass keinem User und keiner Anwendung automatisch vertraut wird.
Stattdessen basiert Vertrauen auf der Identität des Users sowie auf Kontextdaten (Standort des Users, Security Posture des Geräts, ausgetauschte Inhalte und angeforderte Anwendungen). Die Zero Trust Exchange verbindet anhand von unternehmensspezifischen Richtlinien den richtigen User mit der richtigen Anwendung.
Obendrein ist Zscaler zwischengeschaltet. Die Daten gehen also nicht direkt von einer möglichen Gefahrenquelle direkt an den Kunden von Zscaler, sondern durchlaufen erst die Systeme von Zscaler.
Damit erreicht man ein außerordentlich hohes Niveau von Sicherheit.
Dafür bietet Zscaler eine Vielzahl von Diensten an und setzt auf ein skalierbares Geschäftsmodell und rechnet beim Kunden basierend auf der Anzahl der Benutzer und dem Umfang der von ihnen genutzten Dienste ab.
Das Haar in der Suppe
In der laufenden Berichtssaison scheinen die Anleger besonders kritisch zu sein. Wird auch nur das kleinste Haar in der Suppe gefunden, geht es abwärts.
Wenden wir uns also der Frage zu, wo das Problem bei Zscaler lag. Ein Kurssturz von 12% kommt schließlich nicht grundlos zustande, oder?
Der Gewinn lag mit 0,39 je Aktie weit über den Erwartungen von 0,30 USD. Der Umsatz übertraf mit 387,6 Mio. die Analystenschätzungen von 365 Mio. USD ebenfalls deutlich.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 52% und einer Verdreifachung des Gewinns.
Der operative Cashflow ist von 48,3 auf 89,5 Mio. USD gestiegen und der freie Cashflow von 29,4 auf 62,8 Mio. USD.
Das bedeutet, dass sich die Margen auf allen Ebenen verbessert haben.
Doch damit will man sich scheinbar nicht begnügen. Obwohl man weiterhin ein ordentliches Wachstum erwartet, will man die Zahl der Beschäftigten um 3% senken und sich noch schlanker und effizienter aufstellen.
Was sonst gut an der Börse ankommt, scheint den Kursverfall hier nicht aufhalten zu können.
Prognose hoch
Ferner hat Zscaler die Umsatzerwartungen für das laufende Geschäftsjahr von 1,525 – 1,530 auf 1,56 Mrd. USD leicht erhöht.
Beim Gewinn stellt man 1,52 – 1,53 USD je Aktie in Aussicht, bisher waren es 1,23 – 1,52 USD je Aktie.
Bisher findet man also ziemlich wenig, was den Bären Futter liefern würde. Die jeweiligen Kommentatoren haben ihre liebe Mühe, einen Grund für den Abverkauf zu finden.
Dadurch kommen dann solche Titel zustande: „Zscaler Earnings Top Views, But Size Of Billings Beat Disappoints“.
Demnach lagen die Billings also über den Erwartungen, aber nicht weit genug.
Bei Yahoo Finance verweist man hingegen auf einen „schwachen“ Anstieg des Deferred Revenue von „nur“ 46% auf 1,11 Mrd. USD.
Deferred Revenue bezeichnet Einnahmen, die im Voraus für Produkte oder Dienstleistungen gezahlt wurden. Zscaler muss die Arbeit, für die man bereits bezahlt wurde, also erst noch verrichten.
Fällt dieser Wert geringer als erwartet aus, deutet das darauf hin, dass es zu einer Wachstumsdelle kommen könnte. Inwieweit man bei einem Anstieg von 46% zu so einer Schlussfolgerung kommen kann, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.
Der Markt scheint jedenfalls die Sorge zu haben, dass das Wachstum von Zscaler nachlassen wird, obwohl die Aufträge fast im selben Umfang wie der Umsatz gestiegen sind.
Abwägungssache
Im Earnings Call wurde die Sache ebenfalls thematisiert. Demzufolge ist die „schwache“ Entwicklung auf Großaufträge zurückzuführen, die stufenweise ausgeweitet werden.
Wie geht man jetzt mit diesen Informationen um? Das ist wie immer eine Abwägungsfrage.
Entweder überwiegen die Sorgen und man erwartet eine nachlassende Wachstumsdynamik oder man konzentriert sich auf den Fakt, dass Zscaler wieder die Erwartungen übertroffen hat, zum zweiten Mal in diesem Jahr die Prognose erhöht hat und keinerlei Verlangsamung in Aussicht stellt.
Die derzeitige Prognose entspricht einem Umsatzplus von 43% und einem Gewinnsprung um 121%.
Verstehen Sie mich nicht falsch, das macht Zscaler nicht automatisch zu einem guten Investment, die Kursreaktion ist trotzdem kaum nachvollziehbar.
Die Aktie ist aber auch nicht gerade günstig, was bei derartigen Umsatz-, Gewinn- und Cashflow-Steigerungen kaum zu erwarten war.
Vorbörslich notiert Zscaler 12,04% im Minus bei 117,98 USD. Auf diesem Niveau liegt die forward P/E bei 77 und der P/FCF (2023) bei etwa 50.
Das ist in absoluten Zahlen sicherlich viel, bei einem Umsatzwachstum von zuletzt 52% und einer FCF-Marge von 16% nicht aus der Luft gegriffen.
Daher war Zscaler seit dem Börsengang auch nie wesentlich günstiger, über weite Strecken aber deutlich teurer.

Zscaler ist ein charttechnischer Problemfall, denn die Aktie tendiert dazu, zuvor etablierte Unterstützungen und Widerstände zu durchbrechen und dann eine Kehrtwende zu vollziehen.
In anderen Fällen wurden Chartmarken geradezu ignoriert.
Fällt die Aktie im regulären Handel unter 125 USD, sind die Bullen aber vorerst gescheitert und es wird sich zeigen müssen, ob der Abverkauf bereits nahe 115 USD gestoppt werden kann oder nochmal die 100-Dollar-Marke angesteuert wird.
Den Bullen hilft hingegen nur eine schnelle Rückkehr über 125 USD. Kann diese Kehrtwende zeitnah erzielt werden, könnten wir sogar am Beginn einer Rallye stehen.
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