Gerresheimer Aktie Prognose Übernahmegerüchte: Wird Gerresheimer jetzt geschluckt?

News: Aktuelle Analyse der Gerresheimer Aktie

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Tobias Krieg ist Chefanalyst bei LYNX Broker und Gründer von LongTerm-Value.
Er ist seit mehr als fünfzehn Jahren an der Börse aktiv, davon mehr als eine Dekade als leidenschaftlicher Vollzeit-Investor. Geprägt durch Vorbilder wie Charlie Munger, Peter Lynch und Bill Miller ist Value Investing der Grundsatz und Growth at a reasonable Price der Wahlspruch.
Denn auch gute Unternehmen können schlechte Investments sein. Ein attraktiver Einstiegskurs zum richtigen Zeitpunkt ist absolut entscheidend.

Vorherige Analysen der Gerresheimer Aktie

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

Eine Gewinnwarnung mitten in der Handelszeit zu veröffentlichen, ist eher ungeschickt. Genau das hat der Verpackungsspezialist Gerresheimer am Montag aber getan. Die Folge war ein „Crash“ von 18 Prozent. Erst jetzt wird sich zeigen, ob das eine Überreaktion war oder nicht.

Wenn man plötzlich eine Aktie mitten im Handel dramatisch wegbrechen sieht, wird man als jemand, der dort positioniert wird, in eine Zwangslage gebracht. Soll man riskieren, erst einmal zu recherchieren, was der Grund für den Kurseinbruch ist und prüfen, wie man selbst die Sache einordnen würde, während der Kurs gerade wie ein defekter Fahrstuhl nach unten rauscht? Dafür lässt einem eine solche extreme Bewegung ja keine Zeit, also tun viele, was man eigentlich andersherum tun sollte: Sie handeln zuerst, bevor sie es riskieren, über die Sache nachzudenken.

Ein Paket an Zahlen und Aussagen, das um 16:21 Uhr als Ad-hoc-Meldung herauskam, brachte die Akteure bei Gerresheimer in diese unangenehme Situation. Da ist eine extreme Reaktion nicht überraschend, denn „schlecht“ waren die News allemal, das ließ sich schnell erkennen. Aber sind sie auch so schlecht, dass die Aktie jetzt weiter fallen müsste? Oder hatte diese unglückliche Situation, dass mitten im Handel eine solche nicht vorhersehbare Meldung kam, zu einer Überreaktion geführt, die jetzt eher Käufe favorisieren würde? Das ist mit Blick auf den Chart eine höchst akute Frage.

Gerresheimer Aktie: Chart vom 30.09.2024, Kurs 80,00 Euro, Kürzel: GXI | Online Broker LYNX
Gerresheimer Aktie: Chart vom 30.09.2024, Kurs 80,00 Euro, Kürzel: GXI | Quelle: TWS

Denn dadurch ist der Kurs jetzt in eine zwischen 74 und 80 Euro liegende Unterstützungszone gerutscht, die die Handelsspanne der vergangenen Jahre quasi in zwei Hälften teilt. Und sollte Gerresheimer in die untere Hälfte rutschen, würde deren untere Begrenzung erst im Bereich 46,60/51,10 Euro warten. Also, wie könnte man das einordnen?

Expertenmeinung: Die vorläufigen Neun-Monats-Zahlen waren eine Enttäuschung. Der Umsatz stieg nur geringfügig um 2,0 Prozent, der operative Gewinn mit 3,1 Prozent kaum mehr, die Analysten hatten da deutlich mehr erwartet. Ursache sei neben einer Überschwemmung in einem US-Werk (was man als Einmaleffekt hätte abhaken können), dass die Lagerbestände der Kunden vor allem bei Glasampullen nur langsam abnehmen. Anders formuliert: Auch Gerresheimer sieht, wie das viele Branchen derzeit erkennen müssen, eine geringere Belebung der Nachfrage als erhofft. Was jedoch die bisherige Prognose ziemlich zusammenstaucht:

Das 2024er-Umsatzwachstum sieht das Unternehmen jetzt bei 3-4 Prozent, bislang war man von 5-10 Prozent ausgegangen. Der Anstieg des Gewinns pro Aktie wird im Bereich 2-8 Prozent gesehen, bislang lag der Ausblick bei 8-12 Prozent. Und die Prognosesenkung reicht bis ins Jahr 2025 hinein, da erwartet Gerresheimer jetzt nur noch 7-10 Prozent mehr Umsatz, bis dato ging man von 10-15 Prozent aus.

Fazit: Diese Prognosesenkung ist nicht von Pappe, zumal die Aktie schon auf Basis der bisherigen Prognosen, die jetzt Makulatur sind, nicht gerade niedrig bewertet war. Dass diese Supportzone 74 zu 80 Euro fällt, ist zwar nicht zwingend, aber denkbar genug, um hier erst einmal ein paar Tage abzuwarten, ob sich eine taugliche Bodenbildung in oder über dieser Zone abzeichnet. Bleibt das aus, wäre Gerresheimer für den Moment noch zu „heiß“, um sie getrost anpacken zu können.

Quellen:
Vorläufige Neun-Monats-Zahlen 2024, Anpassung der Prognosen 2024/2025, 30.09.2024: https://www.gerresheimer.com/unternehmen/news/corporate-news/detail/gerresheimer-veroeffentlicht-vorlaeufigen-zahlen-fuer-q3-und-die-ersten-neun-monate-des-geschaeftsjahres-2024

About the author

Nach dem Abitur 1984 studierte der gebürtige Hamburger an der Universität der Bundeswehr Betriebswirtschaftslehre. Im Anschluss an seine Dienstzeit als Offizier begann seine Zeit als Analyst und Finanzjournalist. Seit 1996 war und ist er als Redakteur, Referent und Kolumnist in zahlreichen Funktionen aktiv, seit 2016 ist er unter anderem Analyst bei LYNX. Gehrt ist ein Allrounder, der in der fundamentalen, d.h. volks- und betriebswirtschaftlichen Analyse ebenso sattelfest agiert wie in den verschiedenen Disziplinen der Technischen Analyse wie Chart- und Markttechnik und Sentinentanalyse.

Analysis methodology

Die Analysen von Ronald Gehrt basieren auf einer Kombination fundamentaler Fakten und Daten mit der aktuellen chart- und markttechnischen Situation des/der hier vorgestellten Index/Rohstoffs/Währungspaars/Aktie. Bilanz- und Konjunkturdaten sowie wirtschafts- und finanzpolitische Fakten, Nachrichten und/oder Statements werden als Grundlage zur Beurteilung der charttechnischen und markttechnischen Perspektive des untersuchten Werts analysiert.

Wir beabsichtigen nicht, diesen Artikel zu aktualisieren. In Zukunft können aber Analysen zum selben Finanzinstrument veröffentlicht werden.

Gerresheimer untermauert seine Wachstumsambitionen. Doch der Zukauf soll sich auch unmittelbar positiv auf das Ergebnis je Aktie auswirken.

Der Spezialverpackungsanbieter Gerresheimer hat bekanntgegeben, die Mutterholding des ebenfalls in der Verpackungsbranche tätigen Unternehmens Bormioli Pharma vom Finanzinvestor Triton zu übernehmen. Die Transaktion basiert auf einem Unternehmenswert von rund 800 Mio. Euro.

„Mit der Transaktion setzen wir ein Ausrufezeichen hinter unsere Wachstumsambitionen“, erklärte Dietmar Siemssen, CEO der Gerresheimer AG.

Über Bormioli Pharma

Bormioli Pharma, seit 2017 im Portfolio von Triton, ist ein führender Hersteller von pharmazeutischen Primärverpackungen aus Glas und Kunststoff sowie Verschlusslösungen, Zubehör und Dosiersystemen.

Das Unternehmen betreibt neun Produktionsstandorte in Europa, erzielt einen Umsatz von rund 370 Mio. Euro und weist eine bereinigte EBITDA-Marge von etwa 21 Prozent auf. Durch die Übernahme werden kurz- und mittelfristig Synergien in Höhe von 3-5 Prozent des Unternehmensumsatzes erwartet.

Gerresheimer selbst kam zuletzt auf eine EBITDA-Marge von 17,4 %. Die neue Tochter ist demnach profitabler als der baldige Mutterkonzern.

Der Kaufpreis in Höhe von 800 Mio. Euro entspricht demnach einem KUV von 2,16 und dem 10,3-fachen des EBITDA.

Gerresheimer wird aktuell mit einem KUV von 1,56 und dem 7,6-fachen des EBITDA bewertet. Der Kaufpreis von Bormioli scheint daher angebracht zu sein, ein wirkliches Schnäppchen ist es aber nicht.

Wirklichen Mehrwert schafft die Transaktion vor allem durch die Synergieeffekte und dadurch, dass die Rendite der neuen Tochter deutlich über den Kapitalkosten liegt – so zumindest der Plan.

Finanzielle und strategische Auswirkungen

Laut Gerresheimer wird die Übernahme kurzfristig die Betriebsgewinn-Marge (Ebitda) um 50 bis 100 Basispunkte erhöhen und das Ergebnis pro Aktie (EPS) um mehr als zehn Prozent steigern.

Der Abschluss der Transaktion wird für das vierte Quartal 2024 erwartet. Finanziert wird der Kauf durch ein Darlehen eines Bankenkonsortiums, bestehend aus UniCredit, Commerzbank und LBBW.

Bormioli Pharma passe strategisch ideal zu Gerresheimer und beschleunigt die Transformation des Unternehmens zum integrierten System- und Lösungsanbieter.

Siemssen betonte, dass sich beide Unternehmen sowohl im Produktportfolio als auch in der regionalen Abdeckung mit Produktionsstandorten in Europa optimal ergänzen. Mit der Übernahme wird ein neuer Geschäftsbereich für Moulded Glass entstehen, der die Position von Gerresheimer als führender Komplettanbieter für die Pharma- und Biotech-Branche stärkt.

Transformation und Zukunftsaussichten

Die Akquisition soll die Transformation von Gerresheimer zum System- und Lösungsanbieter beschleunigen, ermöglicht die Bereitstellung integrierter Lösungen aus Primärverpackungen und passenden Verschlussoptionen und festigt die Rolle des Unternehmens als führender Komplettanbieter für die Pharma- und Biotech-Branche.

Der neue Geschäftsbereich Moulded Glass wird nach der Integration strategisch neu ausgerichtet, um bestmögliche Wachstumsaussichten und Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.

Das kombinierte Moulded Glass Geschäft würde pro forma 2024 einen Umsatz von rund 750 Mio. EUR bei einer EBITDA-Marge von rund 21 % vor Synergien erzielen.

Ausblick und Bewertung

Es bleibt abzuwarten, ob die gesteckten Ziele wirklich erreicht werden und die Integration reibungslos ablaufen wird.

Sollte das gelingen und den Gewinn je Aktie dadurch um 10% gesteigert werden, könnte das den Kurs von Gerresheimer nicht nur kurzfristig beflügeln.

Das Geschäft von Gerresheimer läuft aber auch abseits der Übernahme gut.
Für das laufende Geschäftsjahr, welches im November endet, wird ein Gewinnsprung um 20 % auf 4,15 Euro je Aktie erwartet.

Im kommenden Jahr soll das Ergebnis sogar um mehr als 30 % auf 5,60 Euro je Aktie steigen. Das KGV würde dadurch auf knapp unter 17 sinken.

Vor diesem Hintergrund hat Gerresheimer ohnehin Kurspotenzial. Sollte das Ergebnis dank der Übernahme auf über 6,00 Euro je Aktie steigen, ist natürlich noch mehr Luft vorhanden.

Gerresheimer pendelt bereits seit vielen Jahren um ein KGV von 23,5. Sollte die Bewertung wieder auf dieses Niveau steigen und tatsächlich ein Ergebnis von 6,00 Euro je Aktie erzielt werden, ergibt sich daraus auf Sicht von 18 Monaten ein Kursziel von 141 Euro.

Gerresheimer Aktie: Chart vom 23.05.2024, Kurs: 102,50 EUR - Kürzel: GXI | Quelle: TWS | Online Broker LYNX
Gerresheimer Aktie: Chart vom 23.05.2024, Kurs: 102,50 EUR – Kürzel: GXI | Quelle: TWS

Die Aktie bewegt sich in einem stabilen Aufwärtstrend. Über 105 und 110 Euro würde es jeweils zu prozyklischen Kaufsignalen kommen, die den Weg in Richtung 120 – 122 Euro freimachen würden.

Antizyklische Gelegenheiten ergeben sich hingegen nahe dem Aufwärtstrend und der Unterstützungszone bei 94,00 – 96,50 Euro.

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Tobias Krieg ist Chefanalyst bei LYNX Broker und Gründer von LongTerm-Value.
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Analysis methodology

Die Aktienanalysen von Tobias Krieg basieren auf einer Kombination aus Charttechnik und Fundamentalanalyse. Dabei liegt der Fokus auf der Bewertung von Unternehmen anhand ihrer finanziellen Kennzahlen, wie z. B. KGV, Cashflow oder Eigenkapitalrendite, sowie auf der Identifikation von überdurchschnittlichen Wachstumspotenzialen zu einem attraktiven Einstiegskurs.