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Bei SGL Carbon läuft es blendend, die Prognose wurde erhöht. Sollte man jetzt einsteigen und dabei sein? Oder handelt es sich um ein Strohfeuer?
Zyklen: Am falschen Ende der Gleichung
Wir leben in schwierigen Zeiten. Aber an der Börse ist das ja nichts Neues, hier ist die Situation immer schwierig.
Niemand kann die Zukunft vorhersehen und weiß, was die Kurse als nächstes tun werden.
Nur eine Sache ist sicher: Dass es, nachdem etwas passiert ist, alle schon vorher wussten. Merkwürdig.
Aber ich schweife wie gewohnt ab, im Kern geht es um SGL Carbon, denn dort läuft das Geschäft blendend.
Und wenn die Zeiten schon unsicher und die Entwicklung Wirtschaft unabsehbar ist, dann möchte man doch wenigstens ein wenig Sicherheit in Form von Unternehmen, bei denen es läuft und denen das schwierige Umfeld nicht zu schaden scheint.
Logisch, oder?
So logisch wie das alles klingt, an der Börse ist das leider ein Trugschluss.
Wer ständig die Branchen kauft, in denen es aktuell sehr gut läuft, wird immer wieder zyklische Hochs kaufen und beim nächsten Abschwung böse auf die Nase fallen.
Wer das macht, kauft in der Regel auch Aktien und Branchen, bei denen der Ausblick (zu) optimistisch ist.
Außerdem ist diese Herangehensweise kurzsichtig. Ob es gerade gut läuft, spielt kaum eine Rolle.
Der Wert eines Unternehmens wird schließlich nicht durch ein gutes Quartal und auch nicht durch ein gutes Jahr bestimmt.
Der Wert eines Unternehmens hängt faktisch nur von einer Sache ab: Dem abgezinsten Cashflow und Gewinn der Zukunft.
Wie viel das sein mag, hängt wiederum maßgeblich vom Wachstum und der Profitabilität ab.
Wenn es läuft, wo liegt dann das Problem?
Dröseln wir die Themen anhand von SGL Carbon ein wenig auf. Bei dem Kohlefaserspezialisten läuft das Geschäft derzeit gut.
Der Umsatz soll im laufenden Jahr auf 1,10 Mrd. Euro steigen, bisher war man von 1,0 Mrd. Euro ausgegangen.
Die Prognose für das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sonderposten wurde von 50-70 auf 70-90 Millionen Euro erhöht.
Hört sich auf den ersten Blick super an. Beleuchtet man die Sache aber etwas genauer, bedeutet das, dass der Gewinn wieder ungefähr auf Vorjahresniveau liegen dürfte.
Bisher war man von einem Rückgang des Gewinns ausgegangen.
Besser als erwartet
Der freie Cashflow soll ohnehin sinken.
Beim Umsatz wird eine Steigerung von rund 10% auf 1,1 Mrd. Euro erwartet. Da der Gewinn aber weitgehend stagnieren dürfte, bedeutet das, dass die Margen rückläufig sind.
Außerdem sind die Umsatzsteigerungen wohl vornehmlich auf höhere Preise zurückzuführen, nicht auf hausgemachten Erfolgen.
Plötzlich stellt sich die Lage anders dar, vor allem, wenn man die Perspektive ein wenig erweitert.
Zehn Prozent an Umsatzwachstum sind gut, aber nicht, wenn man bereits Jahre zuvor mehr Umsatz erzielt hat als heute.
Das wird so bleiben
Und genau das sind auch die Gründe, warum SGL ein langfristiger Underperformer ist.
Aktuell profitiert man von einem starken Umfeld, aber dieser Trend wird nicht ewig anhalten und sich wahrscheinlich irgendwann umkehren.
Rational betrachtet muss man damit rechnen, dass die Margen und Kapitalrenditen wieder auf das Niveau von vor 2020 zurückkommen werden.
Für die operative Marge bedeutet das, dass sie von 7,5 auf 2% sinken dürfte.
Für die Kapitalrendite bedeutet das, dass es von 8 auf 2% gehen würde. Und leider wissen wir, dass Aktien langfristig zu einer Performance tendieren, die der Kapitalrendite abzüglich der Kapitalkosten entspricht.
Intrinsischer Wert
Eingangs hatte ich folgendes geschrieben:
Der Wert eines Unternehmens hängt faktisch nur von einer Sache ab: Dem abgezinsten Cashflow und Gewinn der Zukunft.
Wie viel das sein mag, hängt wiederum maßgeblich vom Wachstum und der Profitabilität ab.
Widmen wir uns also dem Thema Wachstum. Dass die Profitabilität sowie Kapitalrenditen von SGL Carbon eher mittelprächtig sind, haben wir ja bereits gesehen.
Wie es um den abgezinsten Cashflow steht, kann man sich also wahrscheinlich vorstellen.
Abhilfe schaffen könnte nur noch Wachstum.
Bedauerlicherweise lassen sich aber keinerlei Gründe dafür finden, warum das Wachstum in Zukunft nennenswert höher sein sollte als in der Vergangenheit. In den letzten vier Jahren stagnierte der Umsatz.
Der Markt für Graphit, Carbon & Co. hat sich nicht grundlegend verändert und SGL hat auch kein bahnbrechendes Produkt, welches plötzlich zu einer Belebung führen könnte.
Der Umsatz steigt nach eigenem Bekunden nur durch die allgemein gestiegenen Preise, so zumindest meine Interpretation.
Ich bin ungerne der Überbringer schlechter Nachrichten. Es ist ein undankbarer Job und die Aktionäre von SGL Carbon werden mich verfluchen. Aber das ist eben die Faktenlage.
Sie sollten ohnehin froh sein, wenn ein bedeutungsloser Analyst Ihren Börsenfavoriten schlechtredet.
Über die Jahre hinweg habe ich immer wieder vor SGL gewarnt, zuletzt bei Kursen von 8,20 (Link) und 9,05 Euro (Link), bevor es schlussendlich auf 4,70 Euro ging.

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