In turbulenten Börsenzeiten verlieren viele Anleger die langfristige Sichtweise aus den Augen. Wird Applied Materials vollkommen falsch wahrgenommen?
Oligopol+
Applied Materials ist einer der weltweit führenden Anbieter von Anlagen für die Herstellung von Halbleitern.
Mit einem weltweiten Marktanteil von mehr als 20 % steht das Unternehmen an der Spitze der hochattraktiven und wachstumsstarken Semicap-Branche.
Der Semicap-Sektor ist stark konsolidiert, die fünf größten Anbieter (Applied Materials, ASML, Lam Research, Tokyo Electron und KLA) kontrollieren rund 80% des Markts und sind jeweils stark spezialisiert.
Applied Materials liefert beispielsweise Maschinen für zahlreiche Schritte der Halbleiterherstellung, bspw. der Abscheidung von Materialschichten und der Oberflächenbearbeitung. ASML hat sich hingegen auf Lithografie-Systeme spezialisiert.
Beide Unternehmen sind im Semicap-Sektor angesiedelt, konkurrieren aber nicht wirklich miteinander.
In einem der letzten Artikel über Applied Materials hatte ich aufgezeigt, dass der Markt die Konjunkturanfälligkeit des Unternehmens überschätzt:
Applied Materials: Ist die Panik gerechtfertigt?
Daher ist die Volatilität der Aktie sehr viel höher, als sie rational betrachtet sein sollte. Alle paar Jahre kommt es aufgrund von Konjunktursorgen zu einem Kurssturz.
Die Burggräben von Applied Materials
Heute möchte ich jedoch auf die inhärente Stärke des Unternehmens eingehen, gemeinhin auch als Burggraben bezeichnet.
Diese Burggräben lassen sich anhand der fünf klassischen Kategorien nach Warren Buffett analysieren: niedrige Produktionskosten und effiziente Skalierung, hohe Wechselkosten, Netzwerkeffekte sowie immaterielle Vermögenswerte.
Applied Materials ist der größte Anbieter im Semicap-Sektor und hat durch eine effiziente Skalierung und niedrige Produktionskosten Vorteile.
Nehmen wir beispielsweise die Herstellung von Maschinen für die chemisch-mechanische Planarisierung. Dabei handelt es sich um ein Polierverfahren in der Waferbearbeitung, um möglichst dünne und flache Schichten zu erreichen.
In diesem Bereich hat das Unternehmen einen Marktanteil von fast 70%. Durch den hohen Marktanteil kann das Unternehmen die Entwicklungskosten auf eine große Produktionsbasis verteilen.
Applied Materials kann es sich leisten, in diesem Bereich mehr in Forschung & Entwicklung zu stecken als der gesamte Rest der Branche.
Dadurch baut man den technologischen Vorsprung immer weiter aus und kann obendrein günstiger produzieren.
Darüber hinaus ermöglicht die enge Zusammenarbeit mit Kunden, die auf jahrelang abgestimmten Roadmaps basiert, maßgeschneiderte Lösungen effizient zu entwickeln und zu liefern, was die Kostenstruktur zusätzlich optimiert.
Hohe Wechselkosten
An dieser Stelle wären wir bereits beim dritten Burggraben, den hohen Wechselkosten.
Die Halbleiterindustrie ist durch extrem hohe Wechselkosten gekennzeichnet. Kunden wie Foundries (z. B. TSMC, Samsung) oder integrierte Hersteller (z. B. Intel, Micron), investieren Milliarden in ihre Fabriken, und die Maschinen von Applied Materials sind tief in deren Produktionsprozesse integriert.
Ein Wechsel zu einem anderen Anbieter würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch erhebliche technische Risiken bergen, da die Maschinen von Applied Materials speziell auf die Anforderungen der Kunden abgestimmt sind.
Positive Netzwerkeffekte, Know-how und Patente
Die große installierte Basis führt wiederum zu positiven Netzwerkeffekten. Je mehr Maschinen ein Kunde von AMAT nutzt, desto vertrauter wird er mit den Systemen, Prozessen und Dienstleistungen des Unternehmens.
Und selbstverständlich erleichtert das auch die Wartung, ein zentraler Kostenpunkt in der Halbleiterbranche.
Gleichzeitig erhält Applied Materials dadurch mehr Daten als die Konkurrenz und kann dadurch die Nutzung und Wartung von Zehntausenden Maschinen effizienter ermöglichen.
Darüber hinaus tragen diese Daten zu einer kontinuierlichen Verbesserung zukünftiger Maschinen bei. Ein Vorteil, der für potenzielle Wettbewerber kaum zu überwinden ist.
Damit wären wir beim fünften und letzten Burggraben angekommen, den sogenannten immateriellen Vermögenswerten. Hinter diesem etwas sperrigen Begriff verstecken sich das technische Know-how, Patente und die langjährige Erfahrung von Applied Materials.
Ausblick und Bewertung
All diese Faktoren halten die Konkurrenz auf Abstand und haben dazu beigetragen, dass der Umsatz in den zurückliegenden fünf Jahren von 17,2 auf 27,2 Mrd. USD massiv gesteigert werden konnte.
Gleichzeitig wurde die Zahl der ausstehenden Aktien von 916 auf 827 Millionen Stück stark reduziert und der Gewinn kletterte von 4,17 auf 8,65 USD je Aktie.
Es gab kein einziges Jahr, in dem der Umsatz und Gewinn nicht gesteigert wurden, dennoch ist es immer wieder zu massiven Kursstürzen gekommen. Der Markt überschätzt scheinbar die konjunkturelle Anfälligkeit von Applied Materials und unterschätzt den Burggraben.
Im zweiten Quartal lag der Gewinn mit 2,39 USD je Aktie über den Erwartungen von 2,30 USD. Mit einem Umsatz von 7,10 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen erfüllt.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 7% und einem Gewinnsprung um 14%.
Erstaunlicherweise ist das gelungen, obwohl das China-Geschäft aufgrund von Handelsbeschränkungen regelrecht eingebrochen ist. Auf Jahressicht ist der Umsatz von 2,83 auf 1,77 Mrd. USD und der Anteil am Gesamtgeschäft von 43 % auf 25 % gesunken.
Insider schlägt zu
Den Konsensschätzungen zufolge soll das Ergebnis im laufenden Geschäftsjahr um 10% auf 9,51 USD je Aktie steigen.
Applied Materials kommt demnach auf eine forward P/E von 17,3. Das entspricht in etwa der durchschnittlichen Bewertung der letzten fünf Jahre.
Da der Gewinn im ersten Quartal um 12 % und im zweiten Quartal um 14 % gestiegen ist, liegt die Vermutung nahe, dass die Konsensschätzungen zu niedrig sind.
Vorstandschef Dickerson scheint jedenfalls zu dem Entschluss gekommen zu sein, dass es sich um eine Gelegenheit handelt, und hat am 3. April zu einem Preis von 137,30 USD für 6,87 Mio. USD Aktien gekauft.
Dickerson hält derzeit 1,7 Millionen Aktien und scheint ein gutes Händchen für Timing zu haben. Er hat sowohl 2024 als auch 2022 nahezu am Hoch Aktien abgestoßen.

Gelingt eine nachhaltige Rückkehr über 159 USD, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit einem möglichen Kursziel bei 175 USD. Darüber wäre der Weg in Richtung 193 und 200 USD frei.
Fällt die Aktie jedoch unter 159 USD, muss mit erneuten Verlusten bis 154 und 142 USD gerechnet werden.
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