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Die Erholung im Tourismussektor ist in vollem Gange, bei TUI geht es spürbar aufwärts. Kann man das Ruder jetzt herumreißen? Wie sind die jüngsten Quartalszahlen ausgefallen?
Jetzt Rallye?
TUI hat im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023, welches im Dezember 2022 geendet hat, erhebliche Fortschritte erzielt.
Die Zahl der Gäste legte um 1,0 auf 3,3 Millionen zu. Der Umsatz kletterte von 2,4 auf 3,8 Mrd. Euro und übertraf sogar das Vor-Pandemie-Niveau von 3,7 Mrd. Euro.
Die geschäftlichen Rahmenbedingungen haben sich außerordentlich verbessert, doch TUI scheint tatsächlich überproportional zu profitieren.
Ferner wurde die Prognose für 2023 bestätigt, wonach man für das Geschäftsjahr 2023 einen starken Anstieg des Umsatzes im Vergleich zu 2022 erwartet.
Dasselbe gilt für das bereinigte EBIT. Das bereinigte EBIT im Geschäftsjahr 2022 betrug 408,7 Mio. Euro. Für das Geschäftsjahr 2023 erwartet man eine deutliche Verbesserung.
Bei TUI scheint es wirklich blendend zu laufen. Endlich kann man all die Probleme der letzten Jahre hinter sich lassen und richtig durchstarten.
Das will uns der Vorstand zumindest weismachen und das ist auch in Ordnung. Es ist der Job der IR-Abteilung und des Vorstands, das Unternehmen von seiner besten Seite zu zeigen.
Futter für die Bären
Mein Job ist es jedoch, die Aussagen und Geschäftszahlen kritisch zu hinterfragen und Probleme zu identifizieren.
Und das ist in diesem Fall nicht sonderlich schwer.
Das EBIT verbesserte sich von -273,6 Mio. Euro im Vorjahr auf -153,0 Mio. Euro. Das bedeutet, dass man zwar beim Umsatz das Vorkrisenniveau überschritten hat, jedoch trotzdem unprofitabel ist.
Es ist zwar richtig, dass das erste Quartal bei TUI traditionell eher schwach ist, die Entscheidung, ob das eine gute Ausrede ist, überlasse ich Ihnen.
Die zweite Frage ist, wie viel eine Frankenstein-Kennzahl wie ein „bereinigtes EBIT“ überhaupt wert ist.
Im vergangenen Jahr lag das bereinigte EBIT bei +408,7 Mio. Euro und trotzdem war man nicht profitabel.
Im Ausblick hat man bereits darauf hingewiesen, dass man im Geschäftsjahr 2023 zu bereinigende „Sonderbelastungen“ in Höhe von 60 bis 80 Mio. Euro erwartet.
Was TUI also am Ende real verdienen wird, steht in den Sternen. Unterdessen steigt die Verschuldung munter weiter.
Ende des ersten Quartals lag die Nettoverschuldung bei 5,3 Mrd. Euro, nach 5,1 Mrd. Euro ein Jahr zuvor.
Hoffnung und Schulden
Spätestens an dieser Stelle wird es problematisch. Denn die gewichteten Kapitalkosten (WACC) von TUI liegen nach eigenen Angaben in einer Bandbreite von 9,62 % – 10,17 %.
Das bedeutet, dass TUI operativ rund 500 Mio. Euro erwirtschaften und an Zinsen zahlen muss, bevor auch nur ein Cent für die Aktionäre übrigbleibt.
TUI spricht im Ausblick über das „bereinigtes EBIT“, also das bereinigte Ergebnis vor Steuern und Zinsen.
Das ist nicht unüblich, in diesem Fall aber besonders problematisch. Denn heute sind die Nettoschulden fast fünfmal so hoch wie noch 2019 (1,1 Mrd. Euro).
Das bedeutet, dass selbst wenn TUI wieder die Profitabilität von 2019 erreichen würde, wäre das Vorsteuerergebnis in etwa 400 Mio. Euro niedriger.
Damals lag das Vorsteuerergebnis bei 531,9 Mio. Euro.
Sie sehen, dass sich aus diesen Überlegungen ernstzunehmende Probleme ergeben.
Branchenvergleich
Andernorts sieht das ganz anders aus.
Nehmen wir zum Beispiel Booking. Die Reiseplattform hat selbst 2020 keine Verluste geschrieben und im letzten Jahr bereits mehr Umsatz erzielt als 2019.
Die Krise ist längst abgehakt und daher notiert Booking nahe dem Allzeithoch und über dem Niveau von 2019, während TUI noch immer nahe dem Crash-Tief aus 2020 notiert.
Oder nehmen wir Expedia. Das Unternehmen wurde von der Krise ebenfalls hart getroffen, doch dort hat man die Zeit genutzt und sich effizienter aufgestellt.
Expedia hat im gerade abgeschlossenen Geschäftsjahr zwar weniger Umsatz als 2019 erzielt, dafür aber einen Rekordgewinn eingefahren.
Das macht den Unterschied und aus diesen Gründen entwickeln sich auch die Aktienkurse höchst unterschiedlich. Booking steht am Allzeithoch, TUI im Keller.
Expedia konnte seit dem Crash-Tief von 2020 um 200% zulegen, bei TUI sieht es mager aus.
Sie können jetzt gerne anführen, dass jedes Unternehmen einzigartig ist, die Geschäftsmodelle von Booking, Expedia und TUI verschieden sind und es sich daher um einen Vergleich zwischen Äpfeln und Birnen handelt.
Damit hätten Sie sogar Recht, an der Börse haben Sie aber die Wahl, ob Sie Äpfel oder Birnen kaufen möchten. Die Entscheidung liegt bei Ihnen.
Alle Aktien, vor allem innerhalb einer Branche, stehen in einem direkten Wettkampf um die Gunst der Anleger.

Wer TUI kauft, kauft einen Branchenverlierer. Das war das Unternehmen schon vor 2020 und vermutlich wird es auch so bleiben.
Jedes Engagement in der TUI-Aktie ist eine Spekulation darauf, dass das gelingen wird, was dem Unternehmen in den letzten 20 Jahren, selbst ohne einen krisenbedingten Schuldenberg, nicht gelungen ist.
Das bedeutet nicht, dass die Aktie nicht steigen kann. Von 2003 bis 2008 hat sich der Kurs von TUI verdoppelt, von 2011 bis 2018 sogar vervierfacht.
Das Problem daran ist nur, dass auf alle Rallyes massive Kursstürze und/oder neue Allzeittiefs gefolgt sind.
Im Endeffekt musste man bei TUI nur lange genug investiert sein, um einen Verlust einzufahren.
Bei Expedia oder Booking galt das Gegenteil.
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