Wer hätte gedacht, dass die Commerzbank im 2025er-Performance-Ranking der DAX-Aktien auf Platz 2 hinter Rheinmetall stehen würde? Und das nur wenig hinter Letzterer und weit vor der aktuell drittplatzierten Deutschen Bank? Das Problem dabei: Die Bullen verlieren das Maß.
Per Donnerstagabend lag der Kurs der Commerzbank-Aktie 141 Prozent über dem letzten Kurs des Jahres 2024. Das ist eine Performance, die normalerweise nicht einfach so zustande kommt. Da muss einiges an Positivem in Bezug auf die Unternehmensgewinne passiert sein. Und ja, die Gewinne steigen in der Tat kräftig. Und das Bankhaus hat angesichts starker Halbjahreszahlen bei deren Vorlage am 6. August die Gesamtjahresprognose angehoben.
Die Analysten erwarten jetzt einen Gewinn pro Aktie, der um die 25 Prozent über dem des Jahres 2025 liegen könnte. Aber 25 Prozent … und 141 Prozent Kursanstieg? Wie geht das zusammen? Das ist der Punkt: Eigentlich gar nicht. Denn damit käme man für das laufende Jahr auf ein Kurs-/Gewinn-Verhältnis von gut 15. Für Banken sind KGVs zwischen acht und zwölf üblich, höher sieht man die selten und wenn, dann nicht lange.
Wenn diese untypisch hohe, damit momentan 20 Prozent über dem oberen Ende des Normalen liegende Bewertung sich nicht dadurch erledigen soll, dass der Kurs deutlich sinkt, müssten Argumente her. Die sehen die Käufer in weiter steigenden Gewinnen und/oder einer Übernahme durch UniCredit. Aber ist das realistisch?
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Expertenmeinung: Die UniCredit-Übernahme wäre für die Italiener zu derart hohen Kursen nicht rentabel. Zumal Bank und Bund diese Übernahme gar nicht wollen. Und auch wenn eine steigende Schuldenaufnahme des Bundes, die maßgeblich über die Ausgabe von mehr Staatsanleihen laufen dürfte, den Banken in die Hände spielt: Selbst, wenn die Analysten richtig liegen und die Commerzbank 2027, in zwei Jahren also, 40 Prozent mehr Gewinn pro Aktie ausweisen würde als für 2025 erhofft, wäre die Bewertung dann nur „normal“. Aber auch nur unter der Voraussetzung, dass der Gewinn steigt, aber der Kurs nicht. Und wer kauft eine Aktie in der Hoffnung, dass ihr Kurs die nächsten zwei Jahre bestenfalls seitwärts läuft?

Auffällig ist dabei nicht nur die untypisch teure Bewertung, sondern auch das, was die Experten über die Aktie denken. Von 13 die Aktie zuletzt beurteilenden Analysten haben nur noch vier ein „Kaufen“-Rating. Nach diesen am 6. August vorgelegten Halbjahreszahlen lag die Spanne der da neu vergebenen oder bestätigten Kursziele zwischen 28 und 39 Euro. Und davon abgesehen, dass diese 39 Euro das höchste aller aktuellen Kursziele sind und schon fast erreicht wurden, lag die Mehrzahl der nach der Bilanz vergebenen Ziele unter dem Schlusskurs, den die Aktie am Tag der Zahlen auswies (31,76 Euro). Das durchschnittliche Kursziel liegt derzeit um 31 Euro … und seit der Bilanzvorlage ist der Kurs ohne neue Nachrichten gleich noch einmal um fast 20 Prozent gestiegen.
Da kommt man nicht umhin, zu vermuten, dass den Käufern jetzt jedes Maß abhandengekommen ist. Es scheint, als wären hier viele Momentum-Trader am Werk. Zusätzlich unterstützt durch Anleger, die sehen, dass andere Überflieger am deutschen Markt gerade wackeln – vor allem die Verteidigungs-Aktien – und daher ihr Geld in Titel umschichten, bei denen es noch läuft, dabei aber wohl kaum auf Analysten-Einschätzungen und Kurs-/Gewinn-Verhältnisse schauen.
Das ist eine hochriskante Hausse. Es ist zwar in solchen Phasen nie auch nur ansatzweise vorhersagbar, wo und wann das Hoch erreicht sein könnte. Daher könnte sich, wer jetzt den Gewinn mitnimmt, kurzfristig womöglich über einfach weiter nach oben laufende Kurse ärgern. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Commerzbank-Kurs dort, wo er aktuell steht, noch einmal auf dem Weg nach unten vorbeikommt, die ist hoch und steigt mit jedem Prozent weiterem Anstieg. Daher: Vorsicht!