Das ist schon eine seltsame Situation: Die Commerzbank will eigene Aktien zurückkaufen. Das aber könnte dazu führen, dass passiert, was man eigentlich absolut nicht will: ein öffentliches Übernahmeangebot der UniCredit. Oder will man es vielleicht doch?
Die Commerzbank will nicht von der UniCredit übernommen werden. Die Gewerkschaft sieht die Sache auch negativ, ebenso der Bund als Anteilseigner von immerhin zwölf Prozent der Bank. Aber sollte der Anteil der UniCredit die Schwelle von 30 Prozent überschreiten, hat man die Sache nicht mehr in der Hand. Dann sieht das Gesetz vor, dass der Anteilseigner, der mehr als 30 Prozent hält, ein öffentliches Übernahmeangebot an die verbleibenden Aktionäre vornehmen muss. Und würden genug Anteilseigner das Angebot akzeptieren und der UniCredit ihre Aktien andienen, wäre die Commerzbank in Händen der italienischen Großbank.
Aktuell liegt die Beteiligung der UniCredit bei etwa 29,35 Prozent. Und von dort hört man, dass man alle Zeit der Welt habe, sich zu entscheiden, ob man weitergehen möchte oder nicht. Wobei die Commerzbank-Chefin erst kürzlich betonte, dass sich eine Übernahme zu dem derzeit so hohen Kurs der Commerzbank-Aktie für die UniCredit nicht lohnen würde. Dem kann man nur zustimmen, zumal die Italiener ihren Anteil zu dramatisch niedrigeren Kursen aufgebaut hatten. Bei 15 Euro hätte die Sache sich gelohnt, aber bei über 30?
Daher wirkt es seltsam, dass die Commerzbank jetzt ein Aktienrückkaufprogramm im Volumen von bis zu einer Milliarde Euro startet. Denn diese Aktien würden nach dem Kauf vom Markt genommen, also eliminiert. Es gäbe also weniger Aktien … und das hieße: Durch die Käufe der eigenen Aktie seitens der Commerzbank könnte der Anteil der UniCredit über 30 Prozent rutschen und so ein Übernahmeangebot zwingend machen, auch wenn die UniCredit das gar nicht vorhatte. Da fragt man sich schon: Was passiert hier?
Die Wahrscheinlichkeit, dass man diesen Aspekt bei der Commerzbank nicht bedacht hatte, geht (hoffentlich) gegen null. Also, was könnte eventuell die Intention dieser Rückkäufe sein?
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Expertenmeinung: Für mich wäre folgende Überlegung denkbar: Sollte die UniCredit auf diesem so drastisch hohen Kursniveau genötigt sein, ein Übernahmeangebot abzugeben, muss das nicht höher liegen als der aktuelle Kurs. Aber schon der aktuelle Kurs würde für die UniCredit eine Größenordnung bedeuten, die die erhofften Effekte auf die Gewinne sogar mittelfristig ausradieren könnten. Zumal man ohne eine „Prämie“ auf den aktuellen Kurs nicht damit rechnen könnte, genug Aktien einzusammeln. Damit würde das Übernahmeangebot scheitern. Was der UniCredit klar ist. Was kann sie tun, um zu verhindern, durch die Commerzbank-Aktienrückkäufe in diese Zwangslage bugsiert zu werden?
Sie kann ihren Anteil einfach entsprechend reduzieren, um auch nach dem Rückkauf unter der 30-Prozent-Schwelle zu bleiben. Was die Sache erneut in die Warteschleife bringen würde. Oder sie könnte sogar angesichts solcher Aktionen den Eindruck gewinnen, dass man die Commerzbank lieber doch ganz grundsätzlich nicht haben will, weil dieser „Wille zum Widerstand“ nicht erwarten lässt, dass die Integration dieser Bank in den eigenen Konzern angenehm und effektiv verlaufen würde. Man wird es sehen. Aber was heißt das für den Anleger?
In Bezug auf die Übernahme wird diese dadurch nicht wahrscheinlicher, die UniCredit wird schon zusehen, dass sie nicht durch die Hintertür zu einem Angebot gezwungen wird. Diese Gemengelage als kursfördernd anzusehen, scheint mir daher nicht gerechtfertigt. In Bezug auf den Aktienrückkauf wird die Aktie nicht entscheidend „wertvoller“, denn richtig ist zwar, dass sich der Gewinn dann durch weniger Aktien teilt. Aber ein Eine-Milliarde-Euro-Rückkauf würde derzeit etwa 30 Millionen Aktien ausmachen, das ist bei 1,12 Milliarden ausstehenden Aktien nichts, das den Gewinn pro Aktie nennenswert nach oben verschieben würde. Also?
Also erscheint mir der Kursanstieg der vergangenen zwei Tage, der durch diese Meldungen befeuert wurde, ein wackliger zu sein. Die Sache ist in sich einfach nicht bullisch. Und das wiederum macht die Linie, an welcher der Kurs gedreht hat, erst recht zur Achillesferse der Bullen.

Es geht um die Unterstützung bei 30,74 Euro, das ist das Juli-Hoch und das August-Tief. Diese Linie wurde in den vergangenen Tagen getestet. Erst durch die kräftigen Käufe des Mittwochs als Reaktion auf diese Rückkauf-Meldung kam die Aktie von dieser Linie weg. Damit dürften darunter jetzt noch mehr Stop-Loss-Verkaufsorders liegen als zuvor. Und bedenkt man, dass die Commerzbank-Aktie aktuell nur wegen dieser „Übernahmephantasie“ deutlich teurer bewertet ist als für eine Bankaktie üblich und sich vor allem der Wortteil „Phantasie“ immer deutlicher hervorhebt, sollte man diese Supportlinie besser im Auge behalten!