Die meisten werden Crocs wohl nicht sonderlich schön finden, ich auch nicht. Aber mir gefallen viele Dinge nicht, die höchst erfolgreich sind.
Zu gut?
Manchmal fällt einem eine Aktie vor die Füße, bei der man zu Beginn der Recherche das Gefühl hat, dass es zu gut ist, um wahr zu sein.
Bei Crocs war es der blanke Fakt, dass das KGV bei 6-7 liegt, aber Wachstumsraten von 20% und mehr prognostiziert werden. So etwas gibt es eigentlich nicht.
In den meisten Fällen stellt sich auch heraus, dass etwas faul ist. Irgendwas findet man, dass die ganze Sache plötzlich in anderem Licht erscheinen lässt.
Das war bei Crocs allerdings nicht der Fall.
Trotzdem möchte ich mit warnenden Worten beginnen. Wer sich hier engagiert, sollte ein erhöhtes Maß an Risikobereitschaft mitbringen, denn es gibt durchaus Punkte, die problematisch sind.
Der Trackrecord
In unzähligen Analysen habe ich darüber gesprochen, wie wichtig der Trackrecord eines Unternehmens ist, denn nur selten kommt es zu nachhaltigen Richtungswechseln.
Viele Anleger wollen es nicht akzeptieren, aber in der Regel sieht die Zukunft eines Unternehmens genauso aus, wie die Vergangenheit.
Deshalb sind Aktien von Unternehmen, die von 2000 bis 2010 nicht gelaufen sind, in 90% der Fälle auch 2010 bis 2020 Underperformer.
Dasselbe gilt im umgekehrten Fall.
Und genau das ist für Crocs ein Problem, denn über weite Strecken hat sich das Unternehmen bestenfalls mittelprächtig entwickelt.
Bis in das Jahr 2017 hinein stagnierte der Umsatz und man hatte Probleme mit der Profitabilität.
Bei der fragwürdigen Ästhetik der Crocs, wobei das natürlich Geschmackssache ist, wundert mich das nicht.
Es ist viel passiert
Seitdem sind aber einige Jahre vergangen und seitdem der neue CEO 2017 den Posten übernommen hat, läuft es faktisch auf allen Ebenen besser.
Der Umsatz begann ab 2018 zu steigen, ab 2019 war man profitabel. In welcher Geschwindigkeit es aufwärtsgehen würde, hatte aber sicherlich niemand erwartet.
Der Umsatz lag 2018 bei 1,09 Mrd. USD, im Folgejahr bei 1,23 Mrd., dann bei 1,39 Mrd. und 2021 plötzlich bei 2,31 Mrd. USD.
Der Gewinn ist in dieser Zeit von unter null auf 726 Mio. USD oder 11,39 USD je Aktie gestiegen.
Und das, nachdem man knapp ein Jahrzehnt Stagnation hinter sich hatte. Wie es dazu gekommen ist, ist selbst rückblickend schwer zu erklären.
Es ist eine Mischung aus sehr klugem Marketing, Kooperation, neuen Produkten sowie Corona.
Dazu nur einige Beispiele. Crocs hat gemeinsam mit dem erfolgreichen Musiker Post Malone einen eigenen Croc auf den Markt gebracht, der binnen Stunden ausverkauft war.
Man sollte das nicht als Kleinigkeit abtun. Musiker waren schon immer Trendsetter. Ein Croc kann in unseren Augen so hässlich sein, wie er will. Wenn Post Malone damit rumläuft, werden es viele seiner Fans auch.
Marketing ist alles
Das ist nur ein Beispiel für gutes Marketing oder Kooperationen. Es gibt noch viele mehr. Während Corona hat man beispielsweise 860.000 Schuhpaare an Angestellte im Gesundheitswesen verschenkt.
Das kommt an und wer weiß, vielleicht hat man viele der Healthcare-Worker dadurch auch ganz direkt als Kunde gewonnen.
Kooperationen mit Disney & Co. machen die Schuhe auch für Kinder interessant und die Eltern dürften an den Schuhen schätzen, dass sie leicht zu reinigen sind.
Neben farbenfrohen Designs kann man die Schuhe auch mit Buttons individualisieren. Dass das bei Kindern gut ankommt, dürfte klar sein. Dass Crocs mit diesen Buttons („Jibbitz“) enorme Margen einfährt, ebenso.
Wie nachhaltig ist das?
Die größte Frage, die im Raum steht, ist natürlich, ob es sich hier nur um einen Einmaleffekt handelt. Oder ob sich die positive Entwicklung fortsetzt.
Crocs kommt derzeit auf eine forward P/E von 7,6. Der Markt beantwortet diese Frage also negativ.
Es gibt aber stichhaltige Argumente, die für Crocs sprechen.
Die positiven Trends haben bereits Jahre vor Corona begonnen. Man kann also schlecht alles auf das außergewöhnliche Umfeld schieben.
Die geschäftliche Entwicklung wird sich nicht in dieser Geschwindigkeit fortsetzen, darf man den Prognosen und dem Ausblick von Crocs selbst aber Glauben schenken, ist man weiterhin auf dem Wachstumspfad.
Dafür, dass es zu einer nachhaltigen Veränderung gekommen ist, sprechen auch einige Soft-Facts. Am wichtigsten ist aus meiner Sicht, dass sich das weltweite Google-Suchvolumen für den Begriff „Crocs“ in den letzten fünf Jahren ungefähr verdreifacht hat.
Da man kaum Exposure im Einzelhandel hat und nahezu der komplette Vertrieb online stattfindet, ist das eine sehr wichtige Kennzahl.
Insider schlagen zu
Ich würde also dazu tendieren, dass es sich überwiegend um eine nachhaltige Veränderung des Geschäfts handelt und nicht um eine Sondersituation. Aber wie schon angedeutet, ist es sehr schwer, dass wirklich zu wissen.
Wir kennen die genauen Gründe der Kunden schließlich nicht, wir können nur vermuten.
Die Insider scheinen sich aber sicher zu sein und schlagen zuletzt vermehrt zu. Seit Mitte Februar haben vier hochrangige Mitarbeiter insgesamt neun Käufe getätigt. Verkäufe durch Insider gab es hingegen seit November nicht mehr.
In diesem Fall scheinen Vorstand & Co. beim Handel der Aktien so gut wie alles richtigzumachen. Kurse um die 150-180 USD wurden vermehrt zum Ausstieg genutzt, aktuell schlägt man wieder zu.
Das Ganze wird noch interessanter, wenn man sich anschaut, wann die derzeitigen Käufer zuletzt Crocs-Aktien erworben haben. Das war in den meisten Fällen vor der Kursexplosion von 2020, beziehungsweise noch ganz am Anfang, bei Kursen von 20-30 USD.
Ausblick und Bewertung
Für das laufende Geschäftsjahr stellt Crocs ein organisches Wachstum von 20% und einen Gewinn von 9,70 – 10,25 USD je Aktie in Aussicht.
Sollte das tatsächlich gelingen, wäre der Beweis erbracht, dass 2021 nicht nur ein Strohfeuer war.
Darf man den langfristigen Prognosen Glauben schenken, ist der Weg für die Aktie vorgezeichnet.
Demnach soll der Gewinn bis 2024 auf 13 USD je Aktie und der FCF auf 12 USD steigen.
Es ist schwer vorstellbar, dass die Aktie dann noch immer bei 70 USD notieren würde. Es kommt natürlich darauf an, wie hoch die Bewertung in zwei Jahren sein wird. Aber selbst wenn man nur ein KGV von 10 oder ein P/FCF von 10 ansetzt, würden sich daraus Kursziele von 120-130 USD und somit annualisierte Renditen von 20% und mehr ergeben.
Wir werden sehen, wer Recht behält. Entweder liegt der Markt falsch oder die Prognosen sind zu hoch.
Nachdem der Kurs aber von 180 auf 72 USD abgestürzt ist und das KGV de-facto bei 6-7 liegt, neige ich dazu, dass das Risiko tragbar ist.

Ferner ist es keineswegs sicher, dass wir bereits den Boden gesehen haben, wenngleich Crocs zuletzt erkennbare Bodenbildungstendenzen zeigt.
Crocs könnte gerade dabei sein, zum dritten Mal in der Supportzone bei 66-70 USD zu drehen.
Klar positive Signale würden sich allerdings erst über 85 USD ergeben. Dann wäre der Weg in Richtung 95-100 USD frei.
Das zeigt, welche Volatilität hier eingeplant werden muss. Das gilt auch auf der Unterseite.
Fällt Crocs unter 65 USD, dürfte es in Richtung 60 USD abwärts gehen. Darunter liegt der nächste harte Support bei 44 USD.
Es gäbe auch noch mehr Themen, die man ansprechen könnte und die Sie womöglich weiter analysieren und beurteilen müssen. Darunter beispielsweise die Übernahme von HeyDude und die laufenden Buybacks.
Analysen haben eben nie einen Anspruch auf Vollständigkeit. Man könnte über jedes triviale Unternehmen das vielfache schreiben.
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