Über ein mangelndes Interesse der Öffentlichkeit bzw. eine mangelnde Medienpräsens kann sich die Deutsche Bank derzeit nicht beschweren. Seit Tagen ist die Bank mit Sitz in Frankfurt am Main der Mittelpunkt der Berichterstattung der Wirtschafts- und Börsenmedien, nachdem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos durchsickerte, dass die Bank einen Rekordverlust zu verzeichnen hat. Seitdem richtet der Kapitalmarkt seinen Blick verstärkt auf das größte deutsche Geldhaus und in der Folge verkauften viele Anleger nicht nur ihre Anteilsscheine an der Deutschen Bank, sondern flüchteten auch aus fast allen anderen Bankwerten egal ob diese Commerzbank, CreditSwiss oder UBS hießen. Vom Ausverkauf war die Deutsche Bank jedoch am stärksten betroffen. Doch wie kam es dazu?

Rekordverlust des Branchenprimus

Nach den in Davos aufkommenden Gerüchten verkündeten die Co-Vorsitzenden der Deutschen Bank John Cryan und Jürgen Fitschen Ende Januar den Rekordverlust für das Geschäftsjahr 2015, welcher sich auf insgesamt 6,8 Milliarden Euro belief. Dabei häufte das Kreditinstitut allein im letzten Quartal einen Verlust von 2,1 Milliarden Euro nach Steuern an. Interessant daran ist, dass es sich bei dem jetzt veröffentlichten Verlust erst um das zweite Negativergebnis seit Bestehen der Bank handelt.

Den ersten Jahresverlust der Firmengeschichte musste das Geldhaus im Jahr der Finanzkrise ausweisen. Jedoch betrug dieser 2008 “nur” 3,9 Milliarden Euro und somit ungefähr die Hälfte des jetzigen Fehlbetrages. Trotz des damaligen Verlustes und der akuten Finanzkrise erweckte die Deutsche Bank den Eindruck, als würde sie erhaben über allen anderen Banken schweben. Denn der damalige Branchenprimus benötigte im Jahr 2008 keine Hilfen vom Staat um gerettet zu werden, im Gegensatz zu anderen Banken, wie z.B. der Commerzbank.

Die letzte Bilanzpressekonferenz der Deutschen Bank zeigt jetzt jedoch, dass die Finanzkrise auch nicht spurlos am größten deutschen Geldhaus vorüberging, wie der Verlust des vergangenen Jahres beweist.

Das Selbstverständnis der Bank beruhte stets darauf, besser als alle anderen zu sein, was vielleicht auch lange Zeit seine Berechtigung hatte. Doch dieser Nimbus sowie das Vertrauen gegenüber dem ehemaligen Branchenprimus sind seit 2008 zunehmend verloren gegangen. Es erscheint daher fast verständlich, dass die Investoren der Bank nicht länger ihr Vertrauen schenken wollen.

Erschwerend kommt hinzu, dass nach den 6,8 Milliarden Euro Verlust von 2015 auch für das aktuelle Jahr 2016 kein Negativergebnis ausgeschlossen werden kann. Ebenfalls belastend ist die Tatsache, dass die jahrelang erfolgten Umbaumaßnahmen innerhalb der Bank bisher nicht zum gewünschten Erfolg geführt haben. Zusätzlich zu den immer noch dringend benötigten strukturellen Reformen, stehen außerdem noch einige Rechtstreitigkeiten ins Haus und das obwohl in den zahlreichen Skandalen der vergangenen Jahre bereits zwölf Milliarden Euro für Verfehlungen bezahlt werden mussten – allein für den Zeitraum seit 2012. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Deutsche Bank über Rücklagen in Höhe von 5,5 Milliarden Euro verfügt, die ausschließlich für juristische Streitfälle vorgesehen sind.

Skandale, drastische Sparprogramme und ausbleibende Gewinne sind für viele Anleger daher Grund genug die Aktie jetzt auf Talfahrt zu schicken.

Vertrauen – Die wichtigste Währung einer Bank

Der Reputationsverlust der Deutschen Bank ist keine Vermutung mehr und auch kein Gefühl. Es ist eine Tatsache, welche in einer Studie des Schweizer Wirtschaftsforschungsinstituts Econcas belegt wurde. Laut dieser Studie hat demnach die Commerzbank unter den Bankhäusern in Deutschland aktuell den besten Ruf.

Als dann die Commerzbank, nahezu gleichzeitig zur Dividendenstreichung der Deutschen Bank, ankündigte, erstmals seit der Finanzkrise wieder eine Dividende auszuzahlen, war der Abstieg der Deutschen Bank in Bezug auf die Reputation perfekt. Wenn man die beiden Geldhäuser weiter vergleicht, wird die kritische Lage der Deutschen Bank umso deutlicher. Denn während die Commerzbank damit wirbt keine Filialen zu schließen, kündigte die Deutsche Bank selbiges an und will zudem bis 2018 26.000 ihrer derzeit 103.000 Beschäftigten abbauen.

Dafür plant das größte deutsche Geldhaus 9.000 Stellen direkt bei der Deutschen Bank zu streichen und 17.000 weitere Stellen sollen durch den Verkauf der Postbank wegfallen. Wegen des schwierigen Marktumfeldes und des geringen Interesses an der Postbank, ist bisher jedoch kein Käufer in Sicht.

Insidern zufolge ist die Postbank aktuell noch mit 4,5 Milliarden Euro in den Büchern der Deutschen Bank notiert und Gerüchte besagen, dass dieser Wert auf 2,8 Milliarden Euro abgeschrieben werden soll. Aber selbst dann bleibt es fraglich, ob für die 2010 übernommene Tochter ein Käufer gefunden werden kann. Als erstzunehmende Interessenten für die Postbank werden in der Bankszene die HypoVereinsbank, die Commerzbank sowie die spanische Santander aufgeführt. Jedoch ist eine Lösung noch nicht in Sichtweite, denn schließlich haben die meisten europäischen Großbanken mit den immer strengeren Eigenkapitalvorschriften zu kämpfen.

Bereits im April 2015 kündigten die damaligen Bankchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen an, sich von der Postbank trennen zu wollen. Der damalige Plan sah zudem vor, die Postbank zurück an die Börse zu bringen, was sich jedoch als schwierig herausstellte. Dass es im Jahr 2016 gelingt, die Mehrheit der Bonner Tochtergesellschaft zu veräußern, gilt mittlerweile als sehr unwahrscheinlich. Dies liegt auch an offenen Steuerfragen, welche zuerst geklärt werden müssten.

Offenbar plant die Deutsche Bank aufgrund dieser steuerlichen Fragestellung vorerst nur einen Minderheitsanteil der Postbank an die Börse zu bringen. “Die Entkonsolidierung der Postbank ist und bleibt erklärtes Ziel der Deutschen Bank” – so ein Unternehmenssprecher. Die technische Trennung der zwei Häuser verläuft dem Vernehmen nach jedoch wie geplant und soll im Juni 2016 vollständig abgeschlossen sein.

Steigendes Kreditausfallrisiko

Neben den beschriebenen hauseigenen Herausforderungen, muss der Vorstand des Geldhauses auch externe Probleme bewältigen. Speziell die sich eintrübende gesamtwirtschaftliche Lage, der stockende Konjunkturmotor in China und der niedrige Ölpreis stellen für die Deutsche Bank Risiken dar.

Gerade der anhaltend niedrige Ölpreis kann zu einer Marktbereinigung speziell im Bereich der amerikanischen Fracking-Unternehmen führen, was wiederrum Kreditausfälle zur Folge haben könnte, welche wiederrum die Banken zu spüren bekommen. Eine eventuell drohende Rezession würde die Situation nochmals verschärfen. Dies und die ohnehin niedrige Kapitalausstattung der Deutschen Bank bereiten vielen Anlegern daher Kopfschmerzen.

Analysten der Credit Swiss betrachten die Aussichten für das Eigenkapital der Deutschen Bank mittlerweile als “herausfordernd“. Und ganz weit hergeholt ist diese Einschätzung nicht, da aktuell nicht besonders viel Spielraum zum Abfedern möglicher zusätzlicher Schocks besteht. Zudem sind unerwartet hohe Strafen aus Rechtstreitigkeiten oder neue aufsichtsrechtliche Vorgaben nicht ausgeschlossen.

Auch aus den ausgegebenen Zwangswandelanleihen, genannt Contingent Convertible Bonds, droht eventuell Ungemach. Denn diese Papiere haben die Eigenschaft, dass sie im Falle eines Zahlungsausalls zu Eigenkapital zwangsumgewandelt werden würden, was ein verehrendes Signal für den Kapitalmarkt wäre. Nach Aussagen der Deutschen Bank ist die notwendige Liquidität zur Bedienung der Papiere jedoch gegeben und daher kann die Deutsche Bank gegenüber der Bankenaufsicht die Papiere aktuell noch als Eigenkapitalpuffer anführen.

Kapitalmaßnahmen

Analysten der BNP Paribas halten eine weitere Kapitalerhöhung bei der Deutschen Bank für immer wahrscheinlicher. Allerdings will der Co-Vorstandsvorsitzende Cryan diese bisher unter allen Umständen vermeiden. Dies ist verständlich, da das Geldhaus seit 2010 schon ganze drei Kapitalerhöhungen durchgeführt hat.

Bei der ersten Kapitalerhöhung im Jahr 2010 mussten für die jungen Aktien 33 Euro je Anteilsschein gezahlt werden, im Jahr 2013 waren es noch 32,90 Euro und bei der letzten Kapitalerhöhung im Mai 2014 wurden 60 Millionen Anteilsscheine exklusiv an den Fonds der Herrscherfamilie von Qatar ausgegeben.

Alle anderen Investoren zahlten für die restlichen 300 Millionen Aktien jeweils nur noch 22,50 Euro. Dieser Preis galt im Mai 2014 als sehr günstig, allerdings notieren die Aktien heute, keine zwei Jahre später, nur noch um die 16 Euro. Das aktuelle Jahrestief liegt sogar bei 13,13 Euro. Damit ist die gesamte Bank heute geringer bewertet, als die Summe der drei durchgeführten Kapitalmaßnahmen in Höhe von 21 Milliarden Euro. Selbst die dänische Danske Bank wird mittlerweile höher bewertet als der einstige deutsche Branchenprimus.

Anleihenrückkauf

Trotz all dieser negativen Nachrichten konnte die Aktie der Deutschen Bank am Mittwoch den 10. Februar den höchsten Kursgewinn seit sieben Jahren verbuchen und kletterte zwischenzeitlich um bis zu 17 Prozent nach oben. Doch was war der Grund für diesen Anstieg?

Einer Berechnung des Branchendienstes Bloomberg zufolge, hat das Frankfurter Bankhaus aktuell rund 144 Milliarden Euro Schulden außenstehend, wovon knapp 54 Milliarden Euro auf eigene Anleihen entfallen. Gerüchten und laut eines Zeitungsartikels der Financial Times zufolge, plant die Deutsche Bank aktuell den Rückkauf genau dieser Anleihen. Bankexperten sind jedoch kritisch, ob das geplante Manöver die entsprechende Wirkung erzielen kann, da in der Regel nur ca. 60 Prozent der Investoren auf derartige Rückkaufangebote eingehen.

Wenn es jedoch gelingt, Papiere in entsprechender Größenordnung zurückzukaufen, ist dies ein durchaus intelligenter Schachzug. Schließlich verringert die Deutsche Bank damit die Verschuldung und da die Anleihen aktuell unter ihrem Nennwert gehandelt werden, realisiert sie gleichzeitig noch einen Kapitalgewinn.

Die ebenfalls thematisierten Zwangswandelanleihen (Contingent Convertible Bonds, kurz CoCos) wären laut dem Bericht der Financial Times davon jedoch nicht betroffen. Dies hat einen einfachen Grund. Würden diese Anleihen zurückgekauft werden, würde aufgrund der Eigenschaft als Eigenkapitalpuffer, kein Mehrwert entstehen. Denn durch den Rückkauf würde der Eigenkapitalpuffer einerseits verkleinert, andererseits durch den realisierten Kapitalgewinn wieder vergrößert werden.

Ausblick

In den kommenden Wochen und Monaten wird es rund um die Deutsche Bank spannend bleiben. Zwar ist John Cryan nicht für die Verfehlungen der Bank während der letzten Jahre verantwortlich, jedoch liegt es in seiner Verantwortung, die Deutsche Bank wieder auf Kurs zu bringen.

Bundesfinanzminister Schäuble lies kürzlich indes verlauten, er mache sich um das deutsche Geldhaus “keine Sorgen”. Anleger, die die Zuversicht des Bundesfinanzministers teilen, können von eventuellen zukünftigen Kursgewinnen der Aktie sowie etwaigen Dividendenzahlungen profitieren und über LYNX die Aktie handeln. Neben Aktien können Sie natürlich auch CFDs oder mit Optionen auf die Entwicklung der Deutschen Bank spekulieren, welche über LYNX handelbar sind. Nehmen Sie sich die Zeit unsere Gebühren mit denen der Konkurrenz zu vergleichen und handeln Sie Aktien, ETFs, CFDs, Optionen und vieles mehr über unsere professionelle Handelsplattform.

Offenlegung gemäß § 34b WpHG zwecks möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in dem besprochenen Wertpapier bzw. Basiswert zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Analyse nicht investiert.

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